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Psychologie

Schon wenige Worte verraten die Kreativität

Schneller Worttest ermittelt die Fähigkeit zum divergenten Denken

kreativ
Wie kreativ und innovativ wir denken, lässt sich mit einem einfachen Worttest feststellen.© Anilakkus/ Getty images

Ein auf wenigen Wörtern basierender Test kann verraten, wie kreativ wir sind. Aufgabe ist es dabei, zehn Wörter zu nennen, die inhaltlich möglichst wenig miteinander zu tun haben. Je größer der semantische Unterschied, desto divergenter und kreativer denken wir, wie ein Forschungsteam ermittelt hat. Der Worttest erwies sich dabei als ebenso treffsicher wie klassische, weit langwierigere Kreativitäts-Tests. Gleichzeitig wird sein Ergebnis weniger von demografischen Faktoren beeinflusst.

Ob Musik, Malerei oder die Fähigkeit zum innovativen Problemlösen: Die Kreativität ist tief in unserem Wesen verankert und hat uns Menschen wahrscheinlich erst zu dem gemacht, was wir heute sind. Das kreative Denken zeichnet sich einerseits durch die Fähigkeit zur konvergenten Assoziation aus – wir erkennen schnell Zusammenhänge und finden so optimale Lösungen. Andererseits umfasst die Kreativität auch das Vermögen, divergent zu denken – abseits gängiger Lösungswege.

Wie gut wir „Out of the Box“ denken, lässt sich mit mehreren standardisierten Tests überprüfen. In einem davon müssen sich Testpersonen beispielsweise alternative Nutzungsmöglichkeiten für Alltagsobjekte wie eine Büroklammer oder einen Stuhl ausdenken – je mehr ihnen einfällt, desto besser. Der Nachteil jedoch: Diese Tests sind meist zeitaufwendig und je nach Objekt können bestimmte Gruppen im Vorteil sein.

DAT-Scores
Beispiele für Wortlisten mit geringem (links) und großem semantischem Abstand. Je unähnlicher die Wörter, desto höher der Index der divergenten Kreativität (DAT-Score) © Olson et al. /PNAS

Zehn Wörter reichen aus

Einfacher und allgemeingültiger ist dagegen ein Test, den nun Jay Olson von der Harvard University und seine Kollegen vorgestellt. Der Divergent Association Task (DAT) dauert weniger als zwei Minuten und umfasst nur eine einzige Aufgabe: Schreiben Sie zehn Wörter auf, die inhaltlich möglichst wenig miteinander zu tun haben.

„Hund“ und „Katze“ wären beispielsweise wenig geeignet, weil beides Haustiere und vierbeinige Säuger sind. Besser wäre da schon die Nennung von „Hund“ und „Fingerhut“, die semantisch weiter voneinander entfernt sind. Die Schwierigkeit besteht darin, zehn Wörter zu finden, die jeweils mit keinem der restlichen eine inhaltliche Nähe aufweisen.

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Wer den Worttest selbst ausprobieren möchte, kann dies auf der Website des Forschungsteams tun.

Wie treffsicher ist der Test?

Für ihre Studie haben Olson und sein Team mit gut 8.900 Testpersonen überprüft, wie zuverlässig sich mit diesem einfachen und schnellen Test die divergente Kreativität einstufen lässt. Dafür absolvierten alle Teilnehmenden den Wörtertest. Mithilfe eines Algorithmus bestimmten die Forschenden dann die semantischen Abstände bei den eingereichten Wortlisten und errechneten daraus einen Kreativitätswert.

Diesen Wert für die divergente Kreativität verglichen die Forschenden mit den Ergebnissen mehrerer klassischer Tests, die alle Testpersonen ebenfalls absolviert hatten. „Wir vermuten, dass die Menschen, die beim Worttest größere semantische Abstände schaffen, auch bei den klassischen Kreativitätstests besser abschneiden“, so Olson und seine Kollegen.

Weniger anfällig für Verfälschungen

Und tatsächlich: Je größer die semantischen Abstände zwischen den im DAT-Test genannten Wörtern, desto besser schnitten die Testpersonen auch in den anderen Tests des divergenten Denkens und der Kreativität ab. „Die Korrelationen zwischen unserem Test und diesen Standardverfahren waren ebenso stark wie bei den Standardtests untereinander“, so das Team.

Der Vorteil jedoch: Der Worttest ist einfacher, kürzer und darüber hinaus weniger anfällig für Verzerrungen durch die persönlichen Umstände und Vorerfahrungen der Probanden. „Wenn beispielsweise ein Maurer im Alternative-Nutzungen-Test als Objekt einen Ziegelstein bekommt, wird er vermutlich andere Antworten liefern als ein Jurist oder eine Krankenschwester“, erklären die Forschenden.

Der Divergent Association Task nutzt dagegen einen offeneren Ansatz: Weil jede Testperson die Wörter völlig frei wählen kann, spielen Vorerfahrungen eine geringere Rolle. Der Vergleich der Ergebnisse bei Testgruppen aus 98 Ländern bestätigte dies: Alter, Geschlecht oder sprachliche Bildung spielten kaum eine Rolle für das Abschneiden bei der kreativen Wortfindung.

Neue Chancen zur Erforschung der Kreativität

Nach Ansicht von Olson und seinen Kollegen eröffnet der Divergent Association Task damit neue Chancen, die menschliche Kreativität auch in größeren Gruppen und über eine größere Vielfalt von Teilnehmenden hinweg zu messen und zu ergründen. „Kreativität ist für unser Leben grundlegend. Je mehr wir ihre Komplexität verstehen, desto besser können wir sie auch fördern“, sagt Olson. „Und unser Test könnte uns dabei helfen.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2021; doi: 10.1073/pnas.2022340118)

Quelle: McGill University

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