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Psychologie

Schimpansen wollen unsoziales Verhalten rügen

Menschenaffen möchten unkooperatives Handeln bestrafen - genau wie Kinder

Schimpansen sind uns in vielen Dingen erstaunlich ähnlich. © Photomaru/ iStock.com

Gerechte Strafe: Wenn sich ein Mitmensch unsozial verhält, wollen wir ihn dafür bestraft sehen. Dieser unwillkürliche Antrieb ist bereits bei sechsjährigen Kindern vorhanden – und auch bei Schimpansen, wie Experimente nun enthüllen. Demnach sind sowohl Kinder als auch Affen sogar dazu bereit, Kosten und Mühen auf sich zu nehmen, um selbst bei der Maßregelung für ein unkooperatives Verhalten zusehen zu können.

Damit wir friedlich in Gemeinschaften zusammenleben können, müssen wir miteinander kooperieren: Sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen ist im Laufe unserer Evolution daher selbstverständlich für uns geworden. In diesem Verhalten sind wir unseren engsten Verwandten, den Menschenaffen, durchaus ähnlich.

Um Kooperation zu fördern, belohnen Menschen wie Schimpansen Gefälligkeiten von Artgenossen. Umgekehrt bestraft zumindest der Homo sapiens auch Mitmenschen, die sich unkooperativ verhalten. Ja, er empfindet sogar Schadenfreude, wenn er dabei zusehen kann, wie ein anderer für unsoziales Verhalten gemaßregelt wird. Bisher war allerdings unklar, wann sich der Antrieb dazu in uns entwickelt – und ob wir auch diese Eigenschaft mit unseren haarigen Verwandten teilen.

Sticker oder vorgeführte Strafe?

Wissenschaftler um Natacha Mendes vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig sind diesen Fragen nun nachgegangenen und haben dafür Kinder und Schimpansen auf die Probe gestellt. Um das Verhalten der Kinder zu untersuchen, nutzten die Forscher ein Puppentheater, in dem nacheinander zwei Charaktere mit unterschiedlichen sozialen Rollen auftraten: eine freundliche Figur, die ihnen ihr Lieblingsspielzeug zurückgab, oder eine bösartige Puppe, die es für sich behielt. Zudem trat ein Tier auf, das die strafende Rolle übernahm und vorgab, die beiden mit einem Stock zu schlagen.

Die kleinen Zuschauer im Alter zwischen vier und sechs Jahren konnten nun entscheiden, ob sie die vorgetäuschten Schläge weiter mitverfolgen wollten, indem sie mit einer Münze dafür bezahlten – oder ob sie lieber darauf verzichteten und das Geldstück in Sticker eintauschten. Es zeigte sich: Im Falle der gutgesinnten Figur lehnten es die Kinder in der Regel ab, dabei zuzusehen, wie diese leidet.

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Schadenfrohe Kinder

Ging es jedoch um den Bösewicht, verzichteten unter den Sechsjährigen signifikant viele auf die Sticker und investierten ihre Münzen lieber dafür, seine Bestrafung mitzuerleben. Und nicht nur das: Sie schienen dabei sogar regelrechte Freude zu empfinden, wie ihre Mimik nahelegte. Bei den vier- und fünfjährigen Zuschauern zeigte sich dieses differenzierte Verhalten gegenüber den beiden gegensätzlichen Figuren dagegen noch nicht.

Wie würden sich im Vergleich dazu Schimpansen verhalten? Deren Ambitionen, unsoziales Verhalten zu bestrafen, testete das Team im Leipziger Zoo mithilfe zweier Pfleger, die ebenfalls in zwei gegensätzliche soziale Rollen schlüpften: die prosoziale und die unsoziale. Während der eine den Tieren stets Futter gab, nahm der andere es ihnen wieder weg. Eine weitere Person gab daraufhin vor, beide mit einem Stock zu schlagen.

Auch Schimpansen wollen Strafen sehen

Auch hier nahmen signifikant viele Schimpansen Mühe und Kosten auf sich um mitzuerleben, wie der ungeliebte Pfleger bestraft wird. Sie hatten dafür eine schwere Tür zu einem Nebenraum zu öffnen, von wo aus sie die Szenerie beobachten konnten. Im Falle der freundlichen Person verzichteten sie hingegen darauf. Vielmehr protestierten sie sogar lautstark dagegen, dass dieser Schmerzen zugeführt wurden.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass bereits sechsjährige Kinder und sogar Schimpansen ungerechtes Verhalten bestrafen wollen und einen Drang verspüren zu beobachten, wie andere für ihr unsoziales Verhalten bestraft werden“, sagt Mendes. „Hier liegen also die evolutionären Wurzeln für diese Verhaltensweise, die ganz wesentlich ist, um das Leben in Gemeinschaften zu organisieren.“ (Nature Human Behavior, 2017; doi: 10.1038/s41562-017-0264-5)

(Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, 21.12.2017 – DAL)

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