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Biologie

Schimpansen sind schlau genug zum Kochen

Menschenaffen verstehen das kausale Prinzip und setzen es praktisch um

Futter nicht sofort zu fressen, sondern erst zu kochen - schon Schimpansen begreifen die Vorteile und Zusammenhänge. © iStock.com

Verblüffend schlau: Auch Schimpansen haben das mentale Rüstzeug, um kochen zu können. Sie verstehen das kausale Prinzip dahinter und besitzen sogar die Beherrschung, um sich Nahrung extra fürs Kochen aufzusparen. Das belegt nun ein Experiment mit Schimpansen im Kongo. Es widerlegt damit die lange gehegte Annahme, dass erst unsere Vorfahren schlau genug waren, um diese Kulturtechnik zu verstehen und anzuwenden.

Das Kochen gilt als wichtige Voraussetzung für die Entwicklung des Menschen. Denn es macht nicht nur viele Speisen schmackhafter, das Erhitzen schließt auch Nährstoffe besser auf und macht sie für den Körper verfügbar. Das energiehungrige Gehirn unserer Vorfahren profitierte davon: „Der Wechsel zu gekochter Nahrung könnte daher die Entstehung größerer Gehirne in der menschlichen Evolution begünstigt haben“, erklären Felix Warneken von der Harvard University und Alexandra Rosati von der Yale University.

Haben Schimpansen genügend Grips?

Unklar ist allerdings, wann unsere Vorfahren die kognitiven Voraussetzungen für das Kochen entwickelten. Denn das Kochen erfordert einiges an kognitiven Fähigkeiten: Geduld, Beherrschung, Planung und ein kausales Verständnis der Zusammenhänge. So muss man nicht nur verstehen, was das Kochen bewirkt. Man muss auch die Beherrschung besitzen, rohes Gemüse nicht gleich zu verputzen, sondern es sich aufzusparen, bis man es kochen kann.

Besitzen Schimpansen – unsere nächsten Verwandten – bereits diese Fähigkeiten? Um das herauszufinden, führten Warneken und Rosati eine Reihe von Verhaltensexperimente mit Schimpansen des Tchimpounga Schutzgebiets in der Republik Kongo durch. Schon in früheren Versuchen hatten sie festgestellt, dass die Schimpansen gekochte Süßkartoffeln der rohen Variante vorzogen. Dafür waren die Menschenaffen sogar bereit, ein wenig länger auf ihr Futter zu warten. Die nötige Motivation für das Kochen besaßen sie demnach.

Menschenaffen als „Köche“

Aber erkennen die Schimpansen, was das Kochen bedeutet? Um das zu testen, durften die Schimpansen sozusagen selbst „kochen“: Die Forscher zeigten ihnen dafür zwei verschiedene Behälter. Einer wandelte beim Schütteln rohe Süßkartoffelscheiben in gekochte um – indem die Forscher heimlich die Scheiben austauschten. Der anders aussehende Kontrollbehälter dagegen brachte keinerlei Veränderung des Futters.

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Das Ergebnis: 87 Prozent der Schimpansen begriffen sehr schnell, dass ihr Futter nur dann gekocht wird, wenn sie es in den ersten Behälter legten. „Das erste Mal, als ein Schimpanse dies tat, war ich bass erstaunt“, erzählt Rosati. „Das hatte ich wirklich nicht erwartet.“ Die Menschenaffen waren sogar bereit, ihr rohes Futter einmal quer durch das Gehege zum Kochbehälter zu tragen, statt es sofort zu vertilgen. „Unseres Wissens nach ist das der erste Beleg dafür, dass Menschenaffen für die Zukunft planen, indem sie Futter für eine künftige Umwandlung aufheben“, konstatieren die Forscher.

Kausalen Zusammenhang begriffen

Die Schimpansen verstanden sogar, dass das Kochen nur bei essbaren, rohen Objekten einen Vorteil bringt: Bekamen sie eine Kartoffelscheibe und einen ähnlich aussehenden Holzchip, legten sie nur die Kartoffelscheibe in den Kochbehälter. Erhielten sie dagegen eine bereits gekochte Kartoffelscheibe, aßen sie diese in drei Vierteln der Versuche sofort und versuchten gar nicht erst, sie nochmal zu kochen.

„Das zeigt, dass sie dies nicht einfach als einen Austausch betrachten“, sagt Rosati. „Sie legen nicht einfach jedes beliebige Objekt in den Kochbehälter.“ Auch bei zuvor nicht verwendeten Gemüsesorten, darunter Karotten, begriffen die Schimpansen sofort, dass sie sich kochen lassen und dann besser schmecken.

Es fehlte nur das Feuer

Am Grips liegt es daher nicht, dass unsere nächsten Verwandten nicht kochen. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Schimpansen bereits einige der essenziellen psychologischen Fähigkeiten besitzen, die für das Kochen nötig sind“, sagen Warneken und Rosati. „Sie zeigen schon nach minimaler Erfahrung ein praktisches Verständnis für die Umwandlung von Futter durch das Kochen und platzieren nur essbare Nahrungsmittel in die Kochbehälter.“

Nach Ansicht der Forscher galt dies wahrscheinlich auch schon für den letzten gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Schimpanse. Das einzige was ihm fehlte, war die Fähigkeit, das Feuer zu kontrollieren. „Wir wissen, dass wilde Schimpansen natürlich entstandene Feuer beobachten und manchmal gezielt Futter suchen, das durch diese Brände gekocht wurde“, sagt Rosati. „Das spricht dafür, dass auch unserer Vorfahren schon vor dem Kontrollieren des Feuers dessen Vorteile begriffen.“ Sie lernten daher vermutlich sehr schnell, sich das Feuer zur Zubereitung ihrer Nahrung zunutze zu machen. (Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 2015; doi: 10.1098/rspb.2015.0229)

(Harvard University/ Royal Sovciety, 03.06.2015 – NPO)

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