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Paläontologie

Saurier: Ein Winzling als Vorfahre von Riesen

237 Millionen Jahre alter Urahn der Dinosaurier und Flugsaurier war nur zehn Zentimeter groß

Kongonaphon kely
Dieser kleine Saurier war nur zehn Zentimeter groß und lebte vor 237 Millionen Jahren. Aus ihm und seinen Verwandten gingen die größten Tiere der Erdgeschichte hervor.© Alex Boersma

Fossiler Zwerg: Die Dinosaurier und Pterosaurier hatten überraschend winzige Vorfahren, wie nun ein 237 Millionen Jahre altes Fossil aus Madagaskar enthüllt. Denn der insektenfressende Mini-Saurier Kongonaphon kely war nur zehn Zentimeter groß. Durch diese Miniaturisierung konnten er und seine Verwandten der Konkurrenz durch andere Reptilien entgehen – und so die Entwicklung der Dinos und Flugsaurier ermöglichen, wie Paläontologen berichten.

Die Dinosaurier und Flugsaurier umfassten einige der größten Tiere, die je auf der Erde umherliefen oder sich in die Luft erhoben. Selbst die frühen Vertreter dieser als Ornithodira zusammengefassten Sauriergruppen erreichten meist eine Körpergröße von mehr als einem Meter. Doch wie die gemeinsamen Vorfahren dieser Reptilien aussahen, war bislang aus Mangel an Fossilfunden kaum bekannt. Paläontologen gingen aber davon aus, dass diese ersten Ornithodira eine ähnliche Körpergröße wie ihre Vorgänger und Nachfolger besessen haben müssen.

Kongonaphon kely 2
Der Mini-Saurier Kongonaphon kely hätte in eine Hand gepasst. © Frank Ippolito / American Museum of Natural History

„Schockierend klein“

Doch das ist offenbar ein Irrtum, wie nun ein 237 Millionen Jahre altes Fossil aus Madagaskar demonstriert. Seine schon 1998 im Südwesten der Insel ausgegrabenen Relikte lagen jahrzehntelang unerkannt inmitten hunderter anderer Knochen herum. Erst jetzt haben Christian Kammerer vom North Carolina Museum of Natural Sciences in Raleigh und seine Kollegen das Fossil näher untersucht und einer Art zugeordnet.

Das Ergebnis: „Dieses Tier war ein unmittelbarer Vorfahre der Dinosaurier und Pterosaurier – aber es ist schockierend klein“, sagt Kammerer. Aufgerichtet erreichte dieser Mini-Saurier nur rund zehn Zentimeter Größe. Das Kongonaphon kely getaufte Reptil gehört damit zu den kleinsten bisher bekannten Vertretern der Ornithodira.

Miniaturisierung eröffnete neue Nische

Doch war dieser Mini-Saurier damit nur eine exotische Ausnahme oder steckt mehr dahinter? Um dass herauszufinden, haben die Paläontologen dieses und weitere Saurier-Fossilfunde aus der mittleren und späten Trias einer Stammbaumanalyse unterzogen. Es zeigte sich: Kongonaphon war keine Ausnahme, sondern entsprach einem klaren Trend. „Die Analyse der Körpergrößen deutet darauf hin, dass es ein ausgeprägtes Miniaturisierungs-Ereignis bei den frühen Orntithodira gegeben hat“, berichten die Forscher.

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Demnach waren die gemeinsamen Vorfahren der Dinosaurier und Pterosaurier offenbar weit kleiner als bislang angenommen. Während andere Reptiliengruppen auch nach dem großen Massensterben am Ende des Perm-Zeitalters mittelgroß bis groß blieben, entwickelten die ersten Ornithodira der frühen bis mittleren Trias eine ganz eigene Anpassungsstrategie: Sie blieben sehr klein und passten auch ihre Ernährung an. Statt andere Wirbeltiere zu jagen wie die meisten Archosaurier, fraß Kongonaphon Insekten, wie seine Zähne belegen.

Nach Ansicht der Paläontologen könnte diese Strategie Kongonaphon und seinen Verwandten dabei geholfen haben, sich der Konkurrenz durch andere Reptiliengruppen zu entziehen. Sie besetzte eine eigene ökologische Nische und konnten sich in ihr ungestört weiter ausbreiten.

Flugfähigkeit und Haarkleid als Erbe der Winzlinge

Möglicherweise war es sogar erst diese Miniaturisierung, die die Entwicklung der Pterosaurier und Dinosaurier ermöglichte. „Eine geringe Körpergröße scheint eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung des Fluges bei Wirbeltieren zu sein“, erklären Kammerer und sein Team. „Die kleinen Vorfahren könnten daher den Pterosauriern, den ersten Wirbeltieren, die zu aktivem Flug fähig waren, diese Entwicklung erleichtert haben.“

Und noch ein Merkmal könnten die späteren Riesenechsen ihren winzigen Vorfahren verdanken: das bei vielen Dinosauriern und Flugsauriern vorhandene Haar- und Federkleid. Weil kleine Tiere schneller auskühlen als größere, könnten Kongonaphon und seine Verwandten ein erstes fädiges Haarkleid entwickelt haben. Dieses schützte sie vor den stark schwankenden Temperaturen ihrer Zeit. Später dann blieb diese ursprünglich zur Thermoregulation entwickelte Körperbehaarung bei vielen ihrer Nachfahren erhalten, so die Forscher.

Erklärung für Fossilarmut?

Die extreme Miniaturisierung könnte auch eine Erklärung dafür bieten, warum so wenig Fossilien von den letzten gemeinsamen Vorfahren der Dinosaurier und Pterosaurier erhalten geblieben sind: Ihre Skelette waren einfach zu klein und fragil, um die Jahrmillionen zu überstehen. „In diesem Zusammenhang ist es auffallend, dass die meisten bisher bekannten frühen Ornithoria aus der Los Chanares Formation in Argentinien stammen – einer Lagerstätte, die vorwiegend kleine Tiere erhalten hat“, konstatieren Kammerer und seine Kollegen.

Sie gehen davon aus, dass diese kleinen Vorfahren der Dinosaurier und Pterosaurier in der frühen und mittleren Trias wahrscheinlich weit häufiger waren als es die wenigen Funde bisher nahelegten – auch in Europa, wo bislang noch keine Fossilien dieser Gruppe gefunden wurden. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2020; doi: 10.1073/pnas.1916631117)

Quelle: PNAS, American Museum of Natural History

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