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Paläontologie

Riesige Urzeit-Schildkröte mit gehörntem Panzer

Fossile Art besaß einen drei Meter langen Panzer und wog gut eine Tonne

Stupendemys geographicus
Gewaltiger Panzer und große Knochenhörner: Die ausgestorbene Süßwasserschildkröte Stupendemys geographicus ist die größte bisher bekannte Schildkrötenart. © Jaime Chirinos

Gepanzerter Gigant: Forscher haben in Venezuela die Fossilien einer riesenhaften, gehörnten Schildkrötenart entdeckt. Allein ihr Panzer war fast drei Meter lang und das gesamte Tier wog mehr als eine Tonne. Stupendemys geographicus ist damit die größte bekannte Schildkrötenart. Die Männchen dieser Art trugen zudem große Hörner an ihrer Panzer-Vorderseite, die sie wahrscheinlich zum Kampf einsetzten, wie die Paläontologen im Fachmagazin „Science Advances“ berichten.

Schildkröten sind ein Erfolgsmodell der Evolution – sie existieren schon seit 220 Millionen Jahren und haben im Laufe der Zeit zahlreiche, teils bizarre Anpassungen an ihre verschiedenen Lebensräume entwickelt. So gibt es Schildkröten, die ein halbes Jahr unter Wasser bleiben können, andere legen jedes Jahr tausende Kilometer schwimmend zurück. Eine chinesische Art gibt sogar Abfallstoffe über den Speichel statt über die Nieren ab – sie uriniert gewissermaßen aus dem Mund. Viele Land- und Meeresschildkröten können zudem beachtliche Größen erreichen.

Stupendemy-Panzer
Der venezolanische Paläontologe Rodolfo Sánchez neben dem Panzer eines männlichen Stupendemys geographicus. © Jorge Carrillo

Drei Meter großer Panzer

Einen wahren Riesen – selbst für Schildkröten-Verhältnisse – haben nun Paläontologen um Edwin Alberto Cadena von der Universität del Rosario in Bogota bei Ausgrabungen in Venezuela entdeckt. Dabei handelt es sich um die bisher vollständigsten Überreste der Art Stupendemys geographicus. Diese Süßwasserschildkröte lebte vor fünf bis zehn Millionen Jahren im Norden Südamerikas, wie schon zuvor Fossilienfunde belegten. Weil diese jedoch sehr fragmentarisch waren, blieb unklar, wie genau diese Art aussah und lebte.

Doch jetzt haben die Forscher erstmals vollständige Panzer und Unterkiefer dieser Schildkrötenart gefunden – und diese enthüllen erstmals ihre wahre Größe: „Der Panzer der Stupendemys erreichte bei einigen Individuen eine Länge von fast drei Metern“, berichtet Seniorautor Marcelo Sanchez von der Universität Zürich. Das Lebendgewicht dieser Tiere lag bei mehr als einer Tonne. „Sie ist damit eine der größten, wenn nicht sogar die größte Schildkröte, die es je gab“, so Sanchez.

Warum der Gigantismus?

Weshalb aber wurde gerade Stupendemys so riesig? Die Forscher vermuten, dass dazu mehrere Faktoren beitrugen. Zum einen lebte die Schildkröte in einem Gebiet mit warmem Klima, ausgedehnten Feuchtgebieten und reichlich Nahrung. Dies begünstigte einen Gigantismus bei den Schildkröten, aber auch anderen Tierarten. So wurden im Norden Südamerikas bereits die größten bekannten Vertreter der Schlangen, Kaimane, Gaviale und Nagetiere gefunden, wie die Paläontologen berichten.

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Ein weiterer Faktor könnte die Gegenwart von ähnlich großen Fressfeinden gewesen sein. Denn im gleichen Gebiet wie die Riesenschildkröte lebte damals auch der Riesenkaiman Purussaurus. Dessen Ernährungsvorlieben sowie Bissspuren und durchbohrte Knochen bei Stupendemys-Fossilien deuten darauf hin, dass diese Krokodile damals Jagd auf die Riesenschildkröten machten. Möglichst groß und wehrhaft zu sein, war daher ratsam.

Wehrhaft durch große Hörner

Doch es gibt noch eine Besonderheit bei dem Urzeit-Giganten: Einige Panzer von Stupendemys tragen an ihrem Vorderende zwei große hornartige Vorsprünge. „Die Ausrichtung der Hörner spricht dafür, dass sie nicht nur zum Schutz dienten, sondern auch für den Kampf“, erklären Cadena und seine Kollegen. Stupendemys könnte diese Hörner beispielsweise beim Kampf unter Rivalen eingesetzt haben, um seine Gegner auszuhebeln und auf den Rücken zu drehen. Ein ähnliches Verhalten gibt es bei einigen heute lebenden Schildkrötenarten.

Dazu passt, dass nur einige fossile Exemplare diese Panzerhörner besaßen – wahrscheinlich nur die Männchen, wie die Paläontologen vermuten. Sollte sich dies bestätigen, wäre dies das erste Beispiel für einen solchen „hornigen“ Geschlechtsdimorphismus bei den sogenannten Halswender-Schildkröten (Pleurodira) – einer der beiden Unterordnungen der Schildkröten. Die Angehörigen dieser Gruppe ziehen ihren Kopf nicht in den Panzer zurück, sondern legen ihn seitlich darunter. (Science Advances, 2020; doi: 10.1126/sciadv.aay4593)

Quelle: Universität Zürich

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