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Medizin

Rauchen schützt vor Parkinson – bei Einigen

Genvariante erzeugt nervenschützendes Nikotin-Abbauprodukt

Raucher, die eine bestimmte Genvariante tragen, haben ein geringeres Risiko einer Parkinsonerkrankung als Nichtraucher mit unverändertem Genom. Das hat jetzt eine Stude gezeigt. Ursache ist die Schutzwirkung eines Nikotinabbauprodukts auf Gehirnzellen, die nur bei dieser Genvariante entstehen.

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Rauchen verursacht Krebs, das ist bekannt. Weniger bekannt ist jedoch, dass es möglicherweise auch vor einer Parkinson-Erkrankung schützen könnte. Verschiedene epidemiologische Studien haben in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass das Rauchen den Ausbruch von Parkinson manchmal zu hemmen scheint. Der genaue Zusammenhang war bislang jedoch nicht eindeutig geklärt, da einige Raucher dennoch erkrankten. Wissenschaftler gehen daher davon aus, dass es eine genetische Veranlagung gibt, die – zusätzlich beeinflusst von bestimmten Umweltfaktoren – für den Ausbruch von Parkinson verantwortlich ist.

Genetik und Rauchverhalten untersucht

Auf der Grundlage dieser Hypothese führte nun ein Forscherteam der Mayo Klinik Rochester (USA) eine Studie mit 1.228 Probanden durch. Koordinator des Teams war Maurizio Facheris, Forscher am Institut für Genetische Medizin an der Europäischen Akademie Bozen (EURAC). Die Forscher untersuchten dabei sowohl die genetische Komponenten als auch das Rauchverhalten als Umweltfaktor.

Der Wirkstoff Nikotin – das ist aus Laborstudien bekannt – schützt in bestimmten Fällen die Gehirnzellen. Nikotin ist somit „neuroprotektiv“ und kann vor Parkinson bewahren. „Wir haben die Testpersonen zu ihren Rauchgewohnheiten befragt und diese Daten mit einer Variante im CYP2A6 Gen verglichen. Dieses Gen kodiert für ein Enzym, das für den Abbau des Nikotinwirkstoffs verantwortlich ist“, erklärt Facheris, auch Neurologe am Krankenhaus in Bozen.

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Schutz nur bei Rauchern mit spezieller Genvariante

Die Auswertung der Daten zeigt: Wenn gerade Raucher eine bestimmte Variante des betreffenden Gens aufweisen, ist das Risiko einer Parkinsonerkrankung deutlich geringer als bei Menschen ohne diese Genvariante, die nicht rauchen. Es muss nun noch genauer untersucht werden, ob die Schutzwirkung tatsächlich auf diese Variante des CYP2A6-Gens oder auf das bei Rauchern nachweisbare Abbauprodukt Cotinin, das durch die Wirkung dieses Gens entsteht, zurückzuführen ist. „Sollte sich diese zweite Annahme bestätigen, könnte ein Medikament auf der Basis von Cotinin eine Parkinson-Erkrankung verhindern“, macht Facheris deutlich.

Weg zu maßgeschneiderten Medikamenten

Die Studie eröffnet vielversprechende Möglichkeiten auf dem Feld der Pharmakogenetik. Dieser Forschungsbereich geht davon aus, dass aufgrund der unterschiedlichen Genvarianten Medikamente auch unterschiedlich auf Menschen wirken. Eine DNA-Analyse ermöglicht es, bereits im Voraus zu erkennen, wie ein Medikament im jeweiligen Fall wirken wird. Darauf aufbauend können Arzneimittel entwickelt werden, die gezielt auf jeden Einzelnen zugeschnitten sind.

Die Studie ist auf dem Jahreskongress der American Academy of Neurology in Toronto vorgestellt und als eine der besten fünf Prozent von insgesamt 2.000 Studien ausgezeichnet worden.

(European Academy of Bozen/Bolzano, 20.05.2010 – NPO)

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