Anzeige
Biologie

Raubwanzen nehmen Vögeln Blut ab

Neue Methode sorgt für stressfreie Blutproben

Biologen haben eine ebenso elegante wie trickreiche Methode entwickelt, um Vögeln stressfrei Blut abzunehmen. Sie nutzen dazu eine Raubwanze, die sie den Federtieren im wahrsten Sinne des Wortes unterschieben: in einem präparierten Ei. Die Forscher haben das Verfahren bereits erfolgreich in einer Seeschwalbenkolonie am Banter See in Wilhelmshaven getestet.

Normalerweise müssen freilebende Vögel erst gefangen werden, um ihnen mit Kanülen Blut abnehmen zu können. Die ganze Prozedur ist nicht stressfrei für die Tiere. Die Raubwanze Dipetalogaster maximus dagegen erledigt die Aufgabe völlig unbemerkt von den Vögeln. Das Blut saugende Insekt sitzt in einem manipulierten Vogelei aus Kunststoff. Dieses Ei weist eine kleine ovale Öffnung auf, die mit einem feinen Netz versehen ist.

Die Forscher um Peter H. Becker vom Institut für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“ in Wilhelmshaven und Christian C. Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin tauschten jeweils ein ganzes Gelege mit künstlichen Eiern aus, wovon eines ausgehöhlt und mit einer hungrigen Raubwanze bestückt war. Die brütenden Vögel bemerkten offenbar nichts davon und setzten sich auf die falschen Eier.

Wanzenmahlzeit dauert 30 Minuten

{2r}

Durch das Netz hindurch konnte die Wanze zustechen und Blut saugen. Die Wanzen brauchten für ihre Mahlzeit rund zehn bis dreißig Minuten. Der darauf folgende Rücktausch der Eier ging problemlos vonstatten – damit hatten die Wissenschaftler eine Blutprobe, die sie per Punktion aus dem Kropf der Wanze entnahmen. Es gelang den Wissenschaftlern, von 59 brütenden Flussseeschwalben (Sterna hirundo) insgesamt 78 Blutproben zu erhalten. 68 dieser Proben wiesen mehr als 100 Mikroliter Plasma auf – genug, um es zu analysieren.

Anzeige

Stress beim Brüten?

Das Wissenschaftlerteam wollte anhand von Hormonen und anderer chemischer Parameter im Blut ermitteln, welchen Stress die Elternvögel beim Brüten haben und ob dies von Faktoren wie Alter und Bruterfahrung abhängt. Christian Voigt vom Berliner IZW sagt dazu: „Da sind die Wanzen einfach ideal, da jedwede konventionelle Probennahme Stress verursacht und dadurch die Stresshormone verfälscht.“

Voigt weiter: „Wir haben keinerlei Reaktion der brütenden Vögel auf den Stich beobachtet.“ Er hat die Methode der Blutabnahme durch Wanzen entwickelt und bereits an zahlreichen anderen Tierarten getestet. Was die Wissenschaftler besonders freut: „Kein einziges der brütenden Paare, dem wir die Eier kurzzeitig vertauschten, hat sein Gelege aufgegeben“, berichtet Voigt.

Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Journal of Ornithology.

(idw – Forschungsverbund Berlin, 22.11.2005 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

NAchglühen von GRB 221009A

Rekord-Ausbruch überrascht Astronomen

Neue fossile Riesenschlange entdeckt

Warum Chinas Großstädte absinken

Landschaft unter dem Thwaites-Gletscher kartiert

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

Blutsauger - Zecken, Mücken und Co.: Kleiner Stich mit bösen Folgen

Zugvögel - Von Interkontinentalflügen und Weltenbummlern

Bücher zum Thema

Nomaden der Lüfte - Das Geheimnis der Zugvögel von Jaques Perrin

Einführung in die Ökologie - von Wolfgang Tischler

Das geheime Leben der Tiere - Ihre unglaublichen Fahigkeiten, Leistungen, Intelligenz und magischen Kräfte von Ernst Meckelburg

Top-Clicks der Woche