Alarmierende Entwicklung: Die einst größte Königspinguin-Kolonie der Welt ist in den vergangenen Jahren kleiner und kleiner geworden. Luftaufnahmen zeigen, dass die Pinguingemeinschaft auf der Île aux Cochons im Indischen Ozean um fast 90 Prozent geschrumpft ist. Über die Ursachen dieses massiven Rückgangs lässt sich bislang nur spekulieren. Klimatische Ereignisse oder eine derzeit in der Region grassierende Krankheit könnten das Schrumpfen der Kolonie höchstens zum Teil erklären, sagen die Forscher.
Sie sind die zweitgrößten im Reich der Pinguine: An ihrer stattlichen Figur und der kräftigen gelb-orangenen Färbung an Kopf und Brust lassen sich Königspinguine leicht erkennen. Die Heimat dieser flugunfähigen Seevögel ist die Subantarktis, wo sie ihre Kolonien ausschließlich auf Inseln mit ganz bestimmten Eigenschaften gründen. Neben ganzjährig niedrigen Temperaturen muss die Insel Sand- oder Kiesstrände bieten und darf nicht vollständig von Meereis umschlossen sein. Vor allen Dingen bedarf es aber ertragreicher und stabiler Nahrungsquellen zur Versorgung des Nachwuchses.
All diese Bedingungen fanden die Königpinguine lange Zeit auf dem Crozet-Archipel im Indischen Ozean vor. Die dortige Île aux Cochons galt bisher nicht nur als Heimat der weltweit größten Kolonie dieser Art, sondern auch als die zweitgrößte Pinguinkolonie überhaupt. Anfang der 1980er Jahre zählte sie stolze 500.000 Brutpaare und mehr als zwei Millionen Individuen. Doch wie sieht es dort heute aus?
Bestandsaufnahme aus der Luft
Aufgrund ihrer Isolation und Unzugänglichkeit sind in den vergangenen 35 Jahren keine neuen Informationen über die Entwicklung der Kolonie bekannt geworden. Um dies zu ändern, haben Wissenschaftler um Henri Weimerskirch von der Université de la Rochelle im französischen Villiers en Bois nun Satellitenbilder und Aufnahmen von Helikopterflügen ausgewertet.
Die zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommenen Luftbilder von der Île aux Cochons zeigten, wie sich die Größe der Pinguingemeinschaft im Laufe der Jahre verändert hat. Dabei nutzten die Forscher die Umrisse der Kolonie, um die Anzahl der auf der Insel versammelten Brutpaare zu schätzen.
Nur noch 60.000 Brutpaare
Das erschreckende Ergebnis: Seit der letzten Pinguinzählung ist die Kolonie drastisch geschrumpft. Konkret scheint ihre Größe um insgesamt 88 Prozent zurückgegangenen zu sein. Weimerskirch und seine Kollegen gehen davon aus, dass statt 500.000 inzwischen nur noch 60.000 Paare auf der Insel brüten.
Doch wie lässt sich dieses Verschwinden der Königspinguine erklären? Einen ersten Hinweis lieferte der Zeitpunkt, zu dem das Schrumpfen der Kolonie laut den Aufnahmen begann: in den späten 1990er Jahren. Damals sorgte ein El Nino für einen massiven Rückgang der Fischbestände im Südlichen Ozean. Bekannt ist, dass diese Nahrungsknappheit eine 100 Kilometer von der Île aux Cochons entfernte Pinguinkolonie kurzzeitig stark in Bedrängnis brachte.
Klimaereignis oder Krankheitserreger?
Den Königspinguinen des Crozet-Archipels könnte es ähnlich ergangen sein, so die Vermutung der Forscher. Dabei wäre ihnen die enorme Größe der Kolonie zusätzlich zum Verhängnis geworden. Denn je größer eine Population, desto größer ist die Konkurrenz zwischen einzelnen Individuen – ein Effekt, der durch einen Mangel an Ressourcen noch verstärkt werden kann.
Eine weitere Erklärung könnte eine Krankheitsepidemie sein. So geht im Indischen Ozean seit einigen Jahren die Vogel-Cholera um. Albatros-Populationen auf der Île Amsterdam und Pinguine auf der Marion-Insel sind durch den kursierenden Erreger bereits merklich dezimiert worden.
Keine hinreichende Erklärung
Allerdings: All diese möglichen Ursachen können zwar einen Rückgang der Königspinguin-Kolonie erklären – nicht aber in diesem Ausmaß, wie die Wissenschaftler betonen. Sie wollen sich nun so schnell wie möglich vor Ort ein Bild von der Lage machen und nach weiteren Erklärungen für das Verschwinden der royalen Seevögel suchen. „Es ist dringend Forschung nötig, um den Ursachen dieses alarmierenden Trends in der Kolonie auf den Grund zu gehen“, schließen sie. (Antarctic Science, 2018; doi: 10.1017/S0954102018000226)
(CNRS, 31.07.2018 – DAL)