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Biologie

Pilze: Protein-Teamwork garantiert Erfolg beim Sex

Biologen entschlüsseln Eiweiß-Kommunikation

Modell der Signalübertragung mittels G-Proteinen in Pilzen © RUB

Bochumer Biologen haben wichtige Details der Protein-Kommunikation von Pilzen entschlüsselt. Ergebnis: Der Erfolg beim Sex beruht auf Netzwerken und einem „Backup“.

„Dies ist nicht nur ein wichtiger Schritt in der Aufklärung der Entwicklung vielzelliger Pilze, sondern lässt auch Rückschlüsse auf hochentwickelte Organismen zu“, erläutert Professor Ulrich Kück von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Genetics“.

Für die Entwicklung vielzelliger Organismen sind sowohl die Reaktion auf äußere Reize als auch die Kommunikation der einzelnen Zellen untereinander wichtig. Zu den wichtigsten Molekülen, die Signale in der Zelle weiterleiten, gehören GTP-bindende Proteine (G-Proteine). Sie bestehen oft aus mehreren Untereinheiten, und viele Organismen besitzen wiederum mehrere, leicht unterschiedliche Gene für jede Untereinheit. Daher ist es nicht immer einfach herauszufinden, welche Untereinheiten miteinander interagieren und welche Signale sie weiterleiten.

Den Biologen um Kück ist es nun zum ersten Mal gelungen, alle Kombinationen von G-alpha-Protein- und Rezeptor-Mutanten in einem Pilz zu untersuchen, um die Funktion der einzelnen Untereinheiten zu überprüfen. Dabei zeigte sich, dass die G-Proteine während der sexuellen Entwicklung des Pilzes unterschiedliche Aufgaben übernehmen.

Wozu ein Organismus mehrere G-alpha-Proteine braucht

Eine der wichtigsten Gruppen der G-Proteine sind die so genannten heterotrimeren G-Proteine, die aus den Untereinheiten alpha, beta und gamma bestehen. Sie kommen bei allen kernhaltigen Lebewesen vor, das heißt unter anderem bei Tieren, Pilzen und Pflanzen.

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Die meisten Organismen enthalten allerdings nicht nur ein G-Protein-Gen für jede Untereinheit, sondern gleich mehrere verschiedene Versionen, die theoretisch alle untereinander kombiniert werden können. So finden sich im Genom des Menschen allein 27 verschiedene Gene für G-alpha-Untereinheiten.

Drei Untereinheiten, drei Funktionen

Vielzellige Pilze haben dagegen meist nur drei G-alpha-Untereinheiten, außerdem lassen sie sich mit molekularbiologischen Methoden bearbeiten. Dies ermöglichte es den Wissenschaftlern, sämtliche Kombinationen von G-alpha-Protein-Mutanten in dem Pilz Sordaria macrospora zu untersuchen, um die Wirkung der einzelnen Protein-Untereinheiten zu überprüfen.

„Wir konnten zeigen, dass die G-alpha-Untereinheit GSA1 die wichtigste Rolle in der Entwicklung der Fruchtkörper, das heißt der sexuellen Strukturen des Pilzes spielt“, so Kück. „Die Untereinheit GSA2 hat dagegen eine Art ‚Backup‘-Funktion und kann einige, aber nicht alle Funktionen von GSA1 übernehmen“. Die dritte Untereinheit ist an einem anderen, parallel geschalteten Signalübertragungsweg beteiligt, der ebenfalls für die sexuelle Entwicklung benötigt wird.

Regulatorische Netzwerke: Viele Wege führen zum Ziel

Die RUB-Forscher haben nicht nur die G-Protein-Untereinheiten, sondern auch die vorgeschalteten Rezeptoren sowie nachgeschaltete Moleküle der Signalweiterleitung untersucht. Dabei konnten sie feststellen, dass es neben den „Hauptwegen“ der Signalübermittlung viele Verzweigungen gibt, die die einzelnen Komponenten miteinander verbinden. Es handelt sich nicht um eine rein lineare Signalweiterleitung, sondern um ein regulatorisches Netzwerk, dessen einzelne Komponenten unterschiedlich stark in verschiedene Signalwege eingebunden sind.

Pilze in allen Lebensräumen

Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt in der Untersuchung der Entwicklung von Pilzen, über die auf molekularer Ebene noch wenig bekannt ist. Die Analysen sind umso wichtiger, da es circa 1,5 Millionen Pilz-Spezies gibt und Pilze in allen bisher untersuchten Lebensräumen vorkommen, wo sie eine wichtige Rolle im ökologischen Gleichgewicht spielen.

Weiterhin sind Pilze von großer Bedeutung in Landwirtschaft, Medizin und Biotechnologie, so dass das Verständnis ihrer Biologie nicht nur für die Grundlagenforschung, sondern auch für viele Anwendungen relevant ist.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 17.09.2008 – DLO)

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