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Biologie

Pilz bedroht Europas Salamander

Aus Asien eingeschleppter Pilz tötet Schwanzlurche und breitet sich weiter aus

Feuersalamander sind in den Niederlanden durch den Pilz schon so gut wie ausgerottet © Universität Ghent

Nach den Fröschen jetzt die Salamander: in Belgien und den Niederlanden grassiert eine neue Pilzkrankheit, die reihenweise Salamander und Molche tötet. Die aus Asien eingeschleppte Krankheit hat eine enorm hohe Todesrate und könnte sich über ganz Europa ausbreiten, warnen Forscher im Fachmagazin „Science“. Wie sie ermittelten, haben die Schwanzlurche in Europa und Nordamerika dem Pilz nichts entgegenzusetzen und sterben daher fast zu 100 Prozent.

Schon im letzten Jahr schlugen Forscher Alarm: Seit 2010 ging in den Niederlanden ein rätselhafte Krankheit um, die vor allem Feuersalamander hinwegraffte. Bis 2013 blieben nur noch vier Prozent der gesamten Population dieser Schwanzlurche übrig.

Untersuchungen zeigten damals, dass das Sterben der Lurche durch einen Pilz verursacht wird, einem engen Verwandten des bereits weltweit grassierenden „Froschkillers“ Batrachochytrium dendrobatidis. Die Forscher tauften die in den Niederlanden neu entdeckte Pilzart Batrachochytrium salamandrivorans – Salamanderfresser. Der Pilz befällt bei Salamandern und Molchen die Haut, verursacht dort Nekrosen und führt nach fortschreitender Lähmung schließlich zum Tod.

Höchste Gefahr für alle europäischen Schwanzlurche

Alarmiert durch die hohen Todesraten unter den Feuersalamandern und die Ausbreitung des Pilzes bis nach Belgien hinein, haben An Martel von der Universität Ghent und seine Kollegen nun überprüft, wie gefährdet auch andere Schwanzlurche durch diese Pilzkrankheit sind. Dafür setzten sie Exemplare von 35 Amphibienarten aus unterschiedlichen Regionen den Sporen der Pilze aus.

Das Ergebnis: Nahezu alle europäischen und nordamerikanischen Salamander und Molche erwiesen sich als hochgradig anfällig für den neuen Pilz. 41 der 44 getesteten Salamanderarten starben bei Kontakt mit dem Pilz innerhalb kürzester Zeit und zu 100 Prozent, wie die Forscher berichten. „Pathogene wie Batrachochytrium salamandrivorans könnten zum Verschwinden ganzer Tierpopulationen führen“, warnen sie. „Frösche, Kröten und schlangenartige Amphibien, sogenannte Blindwühlen, sind hingegen nicht durch den Pilz bedroht.

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Wehrlos gegen den unbekannten Feind

Der Hauptgrund für die fast völlig Wehrlosigkeit der Salamander gegen diese neue Bedrohung ist seine Herkunft: Der Pilz stammt ursprünglich aus Asien und ist dort in vielen Schwanzlurchen vorhanden. Das zeigen die Untersuchungen der Forscher, die den Pilz selbst in hundertjährigen Museumsexemplaren asiatische Lurche fanden.

Der asiatische Feuerbauchmolch wird oft importiert und könnte den Pilz eingeschleppt haben. © Frank Pasmans

„Wenn eine Krankheit schon lange in einem Gebiet existiert, entwickeln die Tiere Resistenzen dagegen“, erklärt Martel. Die asiatischen Salamander und Molche haben sich offenbar bereits an die Bedrohung angepasst: Sie infizieren sich zwar, werden aber nicht krank. Doch für die Salamander in Europa ist diese Pilzkrankheit völlig fremd, deshalb kann ihr Immunsystem ihr nichts entgegensetzen.

Eingeschleppt durch den Amphibienhandel

Der Pilz wurde vermutlich erst vor wenigen Jahren durch den Import von Salamandern aus Asien in die Niederlande eingeschleppt, wie die Forscher berichten. Asiatische Salamander und Molche werden weltweit in großen Mengen für die private Tierhaltung gehandelt, verschickt und verschifft: Über 2,3 Millionen Feuerbauchmolche wurden etwa zwischen 2001 und 2009 allein in die USA transportiert. „Diese Art ist als Träger der Pilzkrankheit bekannt“, erklärt Koautor Benedikt Schmidt von der Universität Zürich.

„Unsere Studie zeigt, dass ein Import von exotischen Spezies ohne angemessenes Screening auf infektiöse Krankheiten ein großes Risiko für einheimische Tiere darstellt“, warnt Schmidt. „Die Länder sollten daher rasch Vorkehrungen zur Biosicherheit einführen, um die Ausbreitung dieses Erregers zu verhindern.“ (Science, 2014; doi: 10.1126/science.1258268)

(Universität Zürich, 31.10.2014 – NPO)

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