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Biologie

Pflanzen erinnern sich an Dürre-Erfahrungen

Trockenheit löst Schutzmechanismen aus, die Pflanzen spätere Dürren besser überleben lassen

Gewöhnlicher Glatthafer im Ökologisch-Botanischen Garten (ÖBG) der Universität Bayreuth. © Anke Jentsch

Pflanzen können sich an Zeiten der Dürre „erinnern“ und sich daher besser schützen, wenn sie erneut unter Wassermangel leiden. Das hat jetzt ein Versuch an Gräsern gezeigt. Die Pflanzen überlebten eine Dürre im Spätsommer besser, wenn bereits einige Monate zuvor schon einmal eine Trockenheit erlebt hatten. Offenbar werden dabei Schutzmechanismen ausgelöst, die selbst dann noch wirken, wenn die Gräser zwischendurch beschnitten wurden.

Trockenzeiten werden infolge des weltweiten Klimawandels auch in Mitteleuropa künftig häufiger eintreten. Wie schnell aber können Pflanzen auf solche sich wiederholenden Extremereignisse reagieren? Ein Forschungsteam um Anke Jentsch, Professorin für Störungsökologie an der Universität Bayreuth und Julia Walter vom Helmholtz- Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig hat diese Frage jetzt am Beispiel des Gewöhnlichen Glatthafers untersucht, eines in Europa weit verbreiteten Wiesengrases.

Die Wissenschaftlerinnen zogen zunächst junge Glatthaferpflanzen unter normalen Umweltbedingungen auf. Im Frühsommer setzten sie einen Teil dieser Pflanzen einer künstlichen Dürreperiode aus, an 16 aufeinanderfolgende Tagen erhielten diese keine Wasserzufuhr, die Kontrollgruppe wurde dagegen weiter bewässert. Im Hochsommer wurden alle Pflanzen beschnitten der weitaus größte Teil ihrer Biomasse wurde dabei abgeerntet. Dadurch waren die nach der Ernte wieder austreibenden Blätter in allen Fällen neu gebildete pflanzliche Organe, die selbst noch keine Dürreerfahrungen gemacht hatten. Im Spätsommer dann folgte eine weitere künstliche Dürreperiode. Diesmal mussten beide Gruppen 16 Tage lang ohne Wasser auskommen.

„Vorgewarnte“ Pflanzen überstehen Dürre besser

Der Vergleich zwischen den beiden Pflanzengruppen am Ende der zweiten Trockenperiode förderte einige signifikante Abweichungen zutage. Bei den Gräsern, die bereits im Juni eine Trockenperiode überstanden hatten, hatte ein um sieben Prozent größerer Anteil der Biomasse die Dürre überlebt als bei den unvorbereiteten Kontrollpflanzen. Offenbar haben die die der Trockenheit ausgesetzten Gräser während der darauf folgenden Sommermonate Schutzreaktionen ausgebildet, die bei einem wiederholten Wassermangel dem Abbau lebender Biomasse entgegenwirken.

Analysen bezüglich der Photosynthese, also der Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie, bestätigen diese Annahme. Denn auch in dieser Hinsicht ließen sich deutliche Unterschiede zwischen beiden Gruppen feststellen. In den Gräsern, die im September zum zweiten Mal eine Trockenperiode erlebten, liefen einige photosynthetische Prozesse weniger intensiv und nicht mit größtmöglicher Effizienz ab. Offenbar führt die Erfahrung früheren Wassermangels dazu, dass Pflanzen deutlich weniger Lichtenergie aufnehmen und verwerten als die noch unerfahrenen Pflanzen der Vergleichsgruppe.

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Mechanismen noch unklar

Welche biochemischen Prozesse diesen Schutz- und Abwehrreaktionen zugrunde liegen, liegt derzeit

Aber noch im Dunkeln. „Fragen nach der physiologischen oder molekularen Basis der von uns beobachteten Verhaltensweisen lagen zunächst außerhalb unserer Untersuchungen“, erläutert Jentsch. „Doch jetzt entstehen spannende weiterführende Forschungsfragen, nachdem wir Anhaltspunkte dafür gefunden haben, dass Pflanzen so etwas wie ein Erinnerungsvermögen in Bezug auf extreme Klimaereignisse besitzen. Schon wenige Wochen später – noch innerhalb derselben Vegetationsperiode – sind sie imstande, in neu gebildeten Organen Schutzreaktionen auszubilden.

Diese Zusammenhänge wollen wir seitens der ökologischen Forschung an der Universität Bayreuth weiter aufklären.“

Schutzreaktionen nicht immer nur von Vorteil

Die an den Gräsern beobachteten Reaktionen, die die Folgen extremer Trockenheit abschwächen könnten, sind übrigens nicht uneingeschränkt positiv zu bewerten. „Der verbesserte Lichtschutz und die herabgesetzten Photosynthese-Leistungen, die wir bei wiederholter Trockenheit nachweisen konnten, erleichtern den Gräsern zwar das Überleben während relativ kurzer Perioden des Wassermangels“, erklärt Julia Walter, die jetzt ihre Promotion an der Universität Bayreuth fortsetzt. „Bei länger anhaltenden und häufigeren Hitze- und Dürreperioden, mit denen wir infolge des globalen Klimawandels durchaus zu rechnen haben, können sich derartige Schutzreaktionen jedoch auch nachteilig auswirken. Sie können, um ein Beispiel zu nennen, insbesondere den Biomassezuwachs der Pflanzen herabsetzen.“ (Environmental and Experimental Botany, 2011; DOI: 10.1016/j.envexpbot.2010.10.020)

(Universität Bayreuth, 19.05.2011 – NPO)

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