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Botanik

Pflanzen als Durstkünstler?

Forscher legt neue Erkenntnisse über das Wassersparen in Trockenperioden vor

© USDA

Weniger Niederschläge, höhere Temperaturen: Auch Pflanzen leiden unter dem Klimawandel. Wie sie dennoch längere Trockenperioden überstehen, hat jetzt ein Würzburger Biologe im Detail untersucht. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichtet er, wie Pflanzen Wasser sparen können.

Wenn sich im Dezember in Kopenhagen die Regierungschefs der UN-Mitgliedsländer zur Weltklimakonferenz treffen, steht er wieder auf der Tagesordnung: der Klimawandel. Das Ringen der Politik um eine Begrenzung der Erderwärmung wird auch von Pflanzenforschern und Landwirtschaftsexperten mit Interesse verfolgt. Schließlich können diese schon jetzt die Auswirkungen des Temperaturanstiegs beobachten.

Moderne Kulturpflanzen haben das Wassersparen verlernt

Auch Rainer Hedrich vom Lehrstuhl für Molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik an der Universität Würzburg interessiert sich für die Folgen lang anhaltender Trockenperioden und steigender Temperaturen für die Pflanzenwelt.

„Durch die Jahrhunderte lange Züchtung unserer heutigen Kulturpflanzen haben diese an Vitalität eingebüßt. Unsere Ackerpflanzen haben, überspitzt formuliert, das optimale Wassersparen verlernt“, sagt Hedrich. Einem globalen Klimawandel mit ausgedehnten, heißen Trockenperioden hätten sie deshalb nichts entgegen zu setzen.

Dilemma aus Wassermangel und Wasserverlust

Hedrich erforscht schon seit längerem den Wasserhaushalt von Pflanzen. Diese entnehmen dem Boden Wasser und holen sich Kohlendioxid aus der Luft. Im Verlauf der Photosynthese produzieren sie daraus Kohlenhydrate und Sauerstoff. Wasser geben sie in Form von Wasserdampf an die Umwelt ab.

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„Die Wasserdampfabgabe als unvermeidbare Konsequenz der Photosynthese stellt für die Pflanze kein Problem dar, solange sie genügend Wasser zur Verfügung hat“, sagt Hedrich. Bleibt der Regen jedoch aus, könne die Pflanze kein Wasser mehr über ihre Wurzeln aufnehmen und verliere gleichzeitig vermehrt Wasser an die immer trockener werdende Atmosphäre.

Diesem Dilemma ist die Pflanze jedoch nicht schutzlos ausgeliefert. „Ihre Außenhaut, die so genannte Epidermis, ist mit einer für Wasser und Kohlendioxid undurchlässigen Wachsschicht überzogen“, erklärt Hedrich. Allein über mikroskopisch kleine, regulierbare Poren kann die Pflanze Kohlendioxid aufnehmen und Wasserdampf abgeben.

Wie Poren funktionieren

Wie sie das macht? „Diese Poren bestehen aus zwei Schließzellen. Wenn sich diese ausdehnen, öffnet sich die Pore; schrumpfen sie, schließt sich die Pore wieder“, so Hedrich. Gesteuert wird dieser Prozess, indem die Pflanze bestimmte Salze – das positiv geladene Kalium- und das negativ geladene Chlorid-Ion – durch besondere Kanäle in die Schließzelle hinein und wieder heraus schleust.

„Beim Wassersparen kommt den Anionenkanälen der Schließzellen eine entscheidende Rolle zu“, so Hedrich. Die Pflanze nimmt die Austrocknung des Bodens wahr und sendet ein Hormon an die Schließzellen. Dort angekommen, aktiviert dieses Hormon eine Signalkette, in deren Folge sich die Anionenkanäle öffnen und einen Prozess in Gang setzen, an dessen Ende sich die die Poren schließen.

Sinneszellen erkennen Wasserstress

Die Sinneszellen, die in der Lage sind, Wasserstress zu erkennen, verfügen auch über die Fähigkeit, die Kohlendioxid-Konzentration im Blatt sowie die Intensität und Zusammensetzung des Sonnenlichts zu messen. „Damit ist die Pflanze in der Lage, die Poren geschlossen zu halten und nur dann für die Aufnahme von Kohlendioxid zu öffnen, wenn ausreichend Wasser und Licht für die Kohlenhydratproduktion zur Verfügung steht“, so Hedrich.

Konsequenzen für die Landwirtschaft

Mit dem neuen exakten Wissen um die Stoffwechselvorgänge in Pflanzen hofft Hedrich, moderne Kulturpflanzen für die Anforderungen des Klimawandels fit machen zu können. Dabei gilt sein Interesse auch Pflanzen, die – wie die berühmte „Rose von Jericho“ – unter Wassermangel Überlebenskünstler sind.

„Diese Extremophilen können sogar vollständiges Austrocknen überstehen“, sagt er. Das genaue Verständnis dieser Fähigkeit könnte dazu beitragen, Nutzpflanzen gezielt im Hinblick auf die Erderwärmung zu optimieren, so der Forscher.

(idw – Universität Würzburg, 02.12.2009 – DLO)

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