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Biologie

Parallelspur auf der Autobahn der Zelle

Protein stabilisiert Mikrotubuli und unterstützt Transportfunktion

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Mikrotubulis mit offenem Saum. © European Molecular Biology Laboratory (EMBL)

Eine Zelle ist ein ziemlich geschäftiger Ort: In einer permanentem “Rush hour” werden ständig Moleküle einen dynamischen Transportweg entlang geschleust, der aus winzigen Fasern, den Mikrotubuli, besteht. Je nach Bedarf kann die Zelle in Windeseile solche Mikrotubuli wachsen lassen, zerlegen und dort aufbauen, wo ein neuer Transportweg gebraucht wird. Während des laufenden Transports jedoch muss das Ganze stabil bleiben. Wie das ermöglicht wird, haben nun erstmals Forscher des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) entdeckt und in der Fachzeitschrift „Cell“ veröffentlicht.

Die grundlegenden Bausteine für die Mikrotubuli sind Tubulin-Proteine. Sie ordnen sich in einer Reihe an um so genannte Protofilamente zu bilden, von denen sich wiederum mehreren zu einem größeren Tubulin-Blatt zusammenlagern. Rollt sich dieses Blatt ein, entsteht ein Mikrotubuli. Bei genau dieser Verformung jedoch scheint ein Protein namens Mal3p eine entscheidende Rolle zu spielen, wie Versuche an Hefen zeigten. ´

Protein verschließt Saum

Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich dafür ein Protein an den schwächsten Teil der Mikrotubuli anlagert, den so genannten Gittersaum (lattice seam). Gleichzeitig scheint das Protein eine spezielle Oberfläche zu erzeugen, die als alternative „Spur“ für den Transport dient. Mithilfe einer Kombination aus molekularbiologischen Techniken und einem neuartigen Elektronenmikroskop an der ETH in Zürich konnten die Forscher nachweisen, dass sich Mal3p nach der Rollung des Tubulin-Blatts an den Saum der entstehenden Rolle anlagert und das Mikrotubuli so verschließt. Ohne das Protein Mal3p sind die Mikrotubuli instabil und neigen dazu, sich aufzulösen. Mit ihm dagegen wachsen sie zu langen Filamenten an.

“Das ist das erst Mal, dass wir ein Protein gefunden haben, das spezifisch an den Mikrotubulisaum bindet”, erklärt Andreas Hönger, früherer Gruppenleiter am EMBL und jetzt Leiter einer Arbeitsgruppe an der Universität von Colorado. „Bisher war die Funktion des Saums unbekannt, er wurde meist als seltsamer und irrelevanter Teil des Mikrotubuli ignoriert. Unsere Experimente enthüllen ihn nun als den zentralen Ort, an dem die Mikrotubuli-Stabilität reguliert werden kann.” Schlüsselregulator für diese Stabilität könnte das Protein Mal3p sein, denn über seine An- oder Abwesenheit lässt sich schnell zwischen Wachstum und Abbau der Mikrotubuli umschalten – und damit letztlich auch der zelluläre Transport entscheidend beeinflussen.

Alternativer Transportweg

Doch über diese stabilisierende Rolle hinaus könnte das Mal3P auch aktiv an der Transportsteuerung teilhaben. “Motorproteine bewegen sich entlang der Mikrotubuli durch direkte Interaktion mit dem Tubulin. Sie transportieren Frachten ähnlich wie Lastwagen auf der Autobahn“, erklärt Damian Brunner, Forschungsgruppenleiter am EMBL. „Die Reihe von Mal3p entlang des Saums erzeugt potenziell eine alternative Spur entlang des Filaments. Ähnlich wie eine Eisenbahntrasse entlang der Autobahn könnte hier ein alternativer Transport durch ein spezialisiertes Motorprotein stattfinden. Ein solches duales System würde den Transport effizienter und vielseitiger machen.“

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Die neuen Erkenntnisse in den zellulären Transport und die Stabilisierung der Mikrotubuli am Modellorganismus Hefe könnte dazu beitragen, ähnliche Prozesse auch beim Menschen aufzuklären. Mal3p kommt nahezu unverändert in den meisten Arten vor. Sein menschliches Gegenstück spielt, soviel ist bereits bekannt, eine wichtige Rolle bei verschiedenen Erkrankungen wie Darmkrebs oder neurodegenerativen Krankheiten.

(European Molecular Biology Laboratory (EMBL), 29.12.2006 – NPO)

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