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Klima

Ozeanversauerung gefährdet Schnecken und Co

Lebensraum für kalkschalenbildende Tiere im Südpolarmeer wird immer kleiner

Nautilus
Nautilus-Arten, aber auch Muscheln, Korallen und Meeresschnecken benötigen Aragonit für ihre Schalen und Skelette. © Chris 73/ CC-by-sa 3.0, Wikimedia Commons

In Bedrängnis: Die zunehmende Versauerung der Meere bereitet kalkschalenbildenden Tieren wie Muscheln und Schnecken zunehmend Probleme – vor allem im Südpolarmeer. Dort könnte sich die Wasserchemie in absehbarer Zeit so verändern, dass der für diese Organismen lebensfreundliche Bereich drastisch schrumpft, wie eine Studie zeigt. Dieser Effekt kann selbst durch eine sofortige Reduzierung der CO2-Emissionen wahrscheinlich nicht mehr verhindert werden.

Die zunehmende Versauerung der Ozeane macht vielen marinen Lebewesen zu schaffen: Der Klimawandel führt dazu, dass immer mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre ins Meerwasser gelangt und der pH-Wert sinkt. Dadurch verringern sich auch das chemische Gleichgewicht und die verfügbare Menge an Carbonat-Ionen im Wasser.

Das Problem: Das gelöste Calciumcarbonat ist für Tiere wie Muscheln und Schnecken von großer Bedeutung. Denn sie nutzen es für den Aufbau ihrer Schalen aus Kalkmineralen wie Aragonit und Calcit. „Solche kalkschalenbildenden Organismen werden im Zuge der fortschreitenden Ozeanversauerung immer größere Schwierigkeiten bekommen, ihre Schalen zu bilden und zu erhalten“, erklärt Nicole Lovenduski von der University of Colorado in Boulder.

Südpolarmeer im Blick

Wie sehr sich die weitere Aufnahme von CO2 ins Meerwasser auf Muscheln und Co auswirken wird, haben die Forscherin und ihre Kollegen um Erstautorin Gabriela Negrete-García nun am Beispiel des Südpolarmeers untersucht. Dieser Ozean könnte aufgrund seines kälteren Wassers sowie dem starken Auftrieb von kaltem, carbonathaltigen Tiefenwasser an die Oberfläche besonders empfindlich auf das Treibhausgas reagieren.

Für ihre Studie simulierten die Wissenschaftler, wie sich die Carbonat-Chemie in unterschiedlichen Wassertiefen in Zukunft entwickelt. Neben Daten aus Analysen von Wasserproben ließen sie dabei Ergebnisse aus unterschiedlichen Modellen einfließen, die den Einfluss von CO2-Emissionen auf die Versauerung des Meerwassers berechnen.

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Geschrumpfter Lebensraum

Das erschreckende Ergebnis: Setzt die Menschheit weiterhin so viel CO2 frei wie bisher, könnten kalkbildende Meeresbewohner in vielen Regionen des Südpolarmeeres in absehbarer Zeit ernsthaft in Bedrängnis geraten. Der Grund: Die Sättigungsgrenze für die Lösung des Calciumcarbonats Aragonit rückt durch die Versauerung immer weiter nach oben.

Nur oberhalb dieser Grenze ist der Aragonitgehalt im Wasser jedoch hoch genug, um den Wasserorganismen den Bau ihrer Kalkschalen zu ermöglichen. Als Folge könnte der Lebensraum für Muscheln, Schnecken und andere Tiere bedeutend kleiner werden: Schon bis zum Ende dieses Jahrhunderts könnte sich das chemische Gleichgewicht im Wasser so verändern, dass Organismen mit Aragonit-basierten Schalen nur noch in Tiefen von bis zu 83 statt zuvor 1.000 Metern überleben können. „Dies macht das Leben dieser Gemeinschaften zunehmend schwierig“, sagt Lovenduski.

Nicht mehr zu verhindern?

Besonders bedenklich dabei: Die unterschiedlichen betrachteten Modelle unterscheiden sich zwar zum Teil in ihrer zeitlichen Prognose, wie die Wissenschaftler berichten. Alle sind sich jedoch einig darüber, dass diese Verkleinerung des Lebensraums auf jeden Fall eintreten wird – selbst dann, wenn die Klimaschutzbemühungen umgehend intensiviert werden. „Auch wenn die Emissionen morgen gedrosselt werden, tritt dieser Effekt – wenn auch verzögert – ein. Diese Unvermeidbarkeit ist sehr besorgniserregend“, sagt Lovenduski.

Die Forscherin und ihr Team befürchten, dass die betroffenen Arten kaum Chancen haben, sich so schnell an die veränderten Bedingungen anzupassen. Stimmt das, hätte dies nicht nur für die Kalkbildner selbst weitreichende Konsequenzen – auch ganze marine Nahrungsnetze und Ökosysteme sowie die Fischerei-Industrie könnten darunter leiden. (Nature Climate Change, 2019; doi: 10.1038/s41558-019-0418-8)

Quelle: University of Colorado Boulder

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