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Biologie

Ozeane: Bald zu warm für Haibabys

Wärmere Wassertemperaturen stören die Embryonalentwicklung

Hai-Embryo
Haiembryo und Dottersack (rechts) im Ei. In wärmerem Wasser verbrauchen die Haibabys ihren Dottervorrat schneller und schlüpfen dann als hungrige "Frühchen". © M. Johnson

Bedrohte Jäger: Die Ozeanerwärmung könnte den Nachwuchs von Haien gefährden. Denn bei höheren Meerestemperaturen brauchen Larven eierlegender Haiarten schneller ihren Dotter auf, so dass sie untergewichtig und zu früh schlüpfen, wie ein Experiment belegt. Das könnte die Überlebenschancen dieser Haie verringern. Auch lebendgebärdende Arten könnten von der Ozeanerwärmung gefährdet sein, so die Forscher.

Haie sind seit Jahrmillionen die Top-Prädatoren der Meere. Doch inzwischen müssen sie um ihr Überleben kämpfen: Überfischung, Meeresverschmutzung und Plastikmüll setzen den Raubfischen vielerorts so zu, dass es beispielsweise in einigen Riffen der Erde schon jetzt keine Haie mehr gibt. Die zunehmende Erwärmung der Ozeane durch den Klimawandel verändert die Lebensbedingungen der marinen Jäger zusätzlich.

Wie wirkt sich die Erwärmung auf Haibabys aus?

Welche Auswirkungen die für die nächsten Jahrzehnte prognostizierten Wassertemperaturen auf Haie haben könnten, haben nun Forscher um Carolyn Wheeler von der James Cook University in Boston untersucht. Dabei wollten sie insbesondere ergründen, wie sich die wärmeren Temperaturen auf die Embryonalentwicklung eierlegender Spezies auswirken. Die Embryos dieser Haie sind nach der Eiablage ungeschützt und ernähren sich normalerweise monatelang nur vom Eidotter.

Beispielhaft für solche eierlegenden Haie sind Epaulettenhaie (Hemiscyllium ocellatum) – eine Art, die nur am Great Barrier Reef vorkommt. Die Wissenschaftler untersuchten 27 Tiere dieser Spezies, indem sie die Auswirkungen von derzeit im australischen Sommer üblichen 27 Grad sowie von 29 Grad und 31 Grad Celsius warmen Wassertemperaturen auf das Wachstum, die Entwicklung und die physiologische Leistung von Embryos im Ei und geschlüpften Jungtieren verglichen.

Je wärmer, desto schneller

Dabei zeigte sich: „Je heißer die Bedingungen, desto schneller ging alles“, fasst Wheeler zusammen. So zeigten die Embryos, die sich bei 29 und 31 Grad Celsius entwickelten, eine untypisch schnelle Embryonalentwicklung. „Die Embryos wuchsen schneller und verbrauchten ihren Dottersack schneller, der ihre einzige Nahrungsquelle ist, während sie sich in der Eihülle entwickeln“, berichtet Wheeler.

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„Dies führte dazu, dass sie früher als üblich schlüpften“, so die Forscherin weiter. Die Zeit des Schlüpfens verkürzte sich bei in 31 Grad Celsius warmen Wasser lebenden Jungtieren von etwa 125 auf 100 Tage. Dadurch waren sie nicht nur signifikant leichter, sondern brauchten auch bereits etwa sechs Tage früher exogene Nahrung als die Vergleichstiere. „Mit steigenden Aufzuchttemperaturen nahm auch die nötige Erholungszeit zu“, ergänzten die Forscher.

Zukunft der Haie ungewiss

Aus ihren Ergebnissen leiten Wheeler und ihre Kollegen ab, dass 31 Grad Celsius in etwa der Temperatur entspricht, bei der die Entwicklung der Embryos gestört wird. Das legt nahe, dass Haie, die schon jetzt in Umgebungen an der Grenze dieser Wärmetoleranz leben, bereits stark gefährdet sind. Dazu gehören die Gewässer des Great Barrier Reefs, die bis zum Ende des Jahrhunderts im Sommer überall Durchschnittswerte von nahe oder sogar über 31 Grad Celsius erreichen könnten.

Laut der Wissenschaftler sind die steigenden Meerestemperaturen aber nicht nur für diese Haispezies, sondern zukünftig sowohl für eierlegende als auch lebendgebärende Arten bedrohlich. „Der Epaulettenhai ist bekannt für seine Widerstandsfähigkeit gegenüber Veränderungen, sogar gegenüber der Versauerung der Ozeane“, erklärt Wheelers Kollegin Jodie Rummer. „Wenn diese Art nicht mit der Erwärmung des Wassers zurechtkommt, wie wird es dann anderen, weniger toleranten Arten ergehen?“

Ganze Ökosysteme gefährdet

„Die Studie zeigt eine besorgniserregende Zukunft, da die Haie bereits jetzt bedroht sind“, resümiert Wheeler. „Haie sind wichtige Raubtiere, die die Ökosysteme der Ozeane gesund halten. Ohne Prädatoren können ganze Ökosysteme kollabieren, weshalb wir diese Lebewesen weiter untersuchen und schützen müssen.“ (Scientific Reports, 2021, doi: 10.1038/s41598-020-79953-0)

Quelle: ARC Centre of Excellence for Coral Reef Studies

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