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Neurobiologie

Ost-Ampelmann hat die Nase vorn

Prägnante Form der Ostvariante ist schneller und besser erkennbar - und daher sicherer

Sympathisch und visuell prägnant: Das Ost-Ampelmännchen. © Jacobs University

Bei den Ampeln gewinnt der Osten: Das Ost-Ampelmännchen überzeugt nicht nur als sympathischer Hutträger, sondern punktet auch mit seiner prägnanteren Form. Im Test fiel es Probanden deutlich leichter, trotz Ablenkung die jeweilige Haltung der Ostvariante zu erkennen. Auf die abstraktere Westvariante reagierten sie dagegen langsamer und häufiger falsch. Das zeigt ein Experiment Bremer Forscher. Ihre Ansicht nach wäre es daher sehr sinnvoll, die Ost-Ampelfigur auch in Westdeutschland stärker zu verbreiten, berichten sie im Fachmagazin „PloS ONE“.

Ampeln und Zeichen helfen, den Weg durch den täglichen Verkehr sicherer zu meistern. Grünes Männchen – gehen, rotes Männchen – stehen: Form und Farbe der Ampelfiguren teilen uns schnell das richtige Verhalten mit. Diese Signale für Fußgänger gibt es seit Jahrzehnten, sie unterscheiden sich aber in Ost und West. In der DDR erfand 1961 der Verkehrspsychologe Karl Peglau das Ost-Ampelmännchen. Sein Markenzeichen: Breiter Hut, große Nase und korpulenter Körperbau. Das West-Ampelmännchen dagegen kommt deutlich schmaler und abstrakter daher.

Macht die Variante einen Unterschied?

Aber macht die Form des Ampelmännchens einen Unterschied im Straßenverkehr? Ist eine der beiden Varianten womöglich sicherer? Das wollten Claudia Peschke und ihre Kollegen von der Jacobs University Bremen herausfinden. Um herauszufinden, wie Studienteilnehmer auf die unterschiedlichen Ampelmännchen reagieren, nutzten die Wissenschaftler einen bekannten psychologischen Effekt – den sogenannten „Stroop-Effekt“. Versuchspersonen reagieren typischerweise langsamer auf ein Objekt, wenn dieses verschiedene Attribute besitzt, die miteinander in Konflikt stehen, zum Beispiel wenn das geschriebene Wort „Rot“ eine grüne Farbe besitzt.

Dementsprechend wurden Ost- und West-Ampelfiguren in ihrer normalen Form – grünes geht, rotes steht präsentiert oder aber in einer falschen, sich widersprechenden Version, bei der das gehende Männchen rot eingefärbt war und umgekehrt. Die Probanden sollten nun entweder nur auf die Farbe oder nur auf die Gestalt der Zeichen reagieren und mittels Knopfdruck so schnell wie möglich die jeweilige Bedeutung „gehen“ oder „stehen“ signalisieren.

Schneller und richtiger bei Ost-Form

Das Ergebnis: In allen Fällen reagierten die Versuchspersonen schneller auf Ost- als auf West-Ampelmännchen. Wenn es darum ging, nur auf die Form zu reagieren und die falsche Farbe komplett zu ignorieren, fiel es ihnen bei den Ost-Ampelzeichen deutlich leichter, die richtige Einordnung zu treffen. Umgekehrt war das Ergebnis, wenn nur die Farbe beachtet werden sollte, unabhängig von der gehenden oder stehenden Form der Figuren. Dann erwies sich das Ost-Ampelmännchen als stärker ablenkend als sein westliches Pendant.

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„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Ost-Ampelmännchen nicht nur eine Ikone der „Ostalgie“ sind, sondern bei der Signalwahrnehmung tatsächlich einen leichten Vorsprung gegenüber den West-Ampelmännchen haben“, konstatiert Claudia Peschke. Die Gestalt der Ost-Ampelfiguren sei offenbar visuell prägnanter und damit wirksamer als die ihrer westdeutschen Verwandten: Seitwärts ausgestreckte Arme und der dynamische Gang der Ostvariante signalisieren deutlicher ob man gehen oder stehen soll. Peschke würde sich daher freuen, noch mehr Ost-Ampelmännchen auf deutschen Straßen zu sehen. (PloS ONE, 2013; doi: 10.1371/journal.pone.0064712)

(Jacobs University Bremen, 21.06.2013 – NPO)

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