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Neurobiologie

„Nullen und Einsen“ im Gehirn

Für Intelligenz entscheidende Hirnareale funktionieren wie digitaler Computer

Der Mensch denkt anders als ein Computer – oder doch nicht? Wissenschaftler haben entdeckt, dass zumindest eine bestimmte, für unsere intellektuellen Fähigkeiten entscheidende Region unseres Gehirns tatsächlich wie ein digitaler Rechner zu funktionieren scheint. Denn auch der so genannte präfrontale Kortex und das Basalganglion operieren auf der Basis von „An“ und „Aus“-Zuständen, wie die Forscher jetzt in „Science“ berichten.

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Randall O'Reilly, Professor für Psychologie an der Universität von Colorado in Boulder stieß bei seiner Untersuchung von biologischen Computermodellen der Gehirnfunktionen auf eine Überraschung: „Meine Arbeit kommt aus einer Tradition, die besagt, dass das menschliche Gehirn nichts mit einem Computer gemeinsam hat“, erklärt O'Reilly. „Und jetzt plötzlich schauen wir es uns an und, tatsächlich, in bestimmten Aspekten ist es doch wie ein Computer.“ Die Funktionsweise von Computern beruht im Prinzip auf der Umwandlung elektrischer Signale in “An” und “Aus”-Zustände, die Nullen und Einsen der digitalen Welt. Das Gehirn als Ganzes operiert normalerweise eher wie ein soziales Netzwerk als wie ein digitaler Rechner. Neuronen kommunizieren miteinander und ermöglichen so Lernen und Gedächtnis.

Binäre Neuronen im präfrontalen Kortex

Doch O'Reilly entdeckte nun auch digitale Funktionsprinzipien im menschlichen Gehirn. „Die Neuronen im präfrontalen Kortex sind binär – sie besitzen zwei Zustände, entweder aktiv oder inaktiv – und das Basalganglion ist im Prinzip ein großer Schalter, der es ermöglicht, dynamisch verschiedene Teile des präfrontalen Kortex an oder aus zu schalten“, so der Forscher.

Der präfrontale Kortex, ein Teil der Gehirnrinde, der hinter der Stirn sitzt, ist das Vollzugszentrum des Gehirns. Es unterstützt die höheren Verstandesleistungen, darunter die Lösung von Problemen oder das Fällen von Entscheidungen. Damit ist dieser Gehirnbereich entscheidend für die intellektuelle Fähigkeit des Menschen. Nach Ansicht von O'Reilly erweitern die computerähnlichen Aspekte des präfrontalen Kortex die sozialen Netzwerke des Gehirns und helfen ihm, neue und symbolische Informationen besser verarbeiten zu können.

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Modellierung als Weg zu mehr Erkenntnis

Wenn Neurowissenschaftler ein besseres Verständnis dieser Zusammenarbeit des präfrontalen Kortex und des Gehirns als Ganzem erlangen, könnte dies auch ein Weg sein, um das Verständnis der menschlichen Intelligenz zu verbessern, so der Forscher. Seiner Meinung nach könnte die Entwicklung von mehr biologisch basierten Computermodellen des Gehirns hier einen wichtigen Beitrag leisten.

„Das Gehirn zu modellieren ist nicht so wie vieles andere in der Forschung, bei dem man von einem Schritt zum nächsten geht, denn man muss so viele Ebenen der Analyse mit einbeziehen“, so O'Reilly und vergleicht es mit der Modellierung des Wetters: „Die meisten Wettermodelle repräsentieren auch nicht exakt, was in einem Tiefdrucksystem geschieht, aber die fangen einige globale Charakteristiken ein. Wenn man die Essenz von etwas einfängt, verrät es einem schon sehr viel darüber, wie das System funktioniert. Bei der Modellierung des Gehirns gelten die gleichen Prämissen.“

(University of Colorado at Boulder, 06.10.2006 – NPO)

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