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Neurobiologie

Nase: Elektrische Signale verstärken schwache Duftreize

Wissenschaftler entschlüsseln Funktionsweise der Riechzellen

Mikroskopische Aufnahme einer Riechzelle, die aus dem Riechepithel isoliert wurde. Am oberen Ende sieht man die Sinneshärchen, mit denen Duftstoffe in der Atemluft aufgespürt werden. Am unteren Ende beginnt ein Axon, das die Geruchsinformation zum Gehirn leitet. Die Zelle ist 50 Mikrometer lang. © Universität Heidelberg

Das Riechsystem des Menschen besitzt einen speziellen elektrischen Verstärkungsmechanismus, der die Riechzellen der Nase dazu befähigt, auch auf extrem schwache Reize zu reagieren. Wie Forscher jetzt herausfanden, spielen dabei Chloridionen in den Sinneshärchen der Nase eine entscheidende Rolle. Sie werden schlagartig freigesetzt, sobald Duftstoffe auf die Duftstoffrezeptoren der Sinneshärchen treffen und erzeugen so starke elektrische Signale, die die entsprechende Geruchsinformation an das Gehirn weiterleiten.

Unsere Nase nimmt mit der Atemluft unablässig Duftstoffe auf. Das Riechsystem hat es dabei mit einer ungeheuren Vielfalt chemischer Verbindungen zu tun: Die Luft eines Zimmers, in dem eine Kaffeemaschine arbeitet, Pflanzen auf der Fensterbank stehen und Menschen aus- und eingehen, enthält viele Tausend unterschiedlicher Duftstoffe. Für das Riechsystem ist dieses Chaos kein Problem. Es identifiziert mit großer Zuverlässigkeit das Kaffeearoma, obwohl allein dies aus über 800 verschiedenen Duftstoffen zusammengesetzt ist. Die Riechzellen in der Nase sind dazu mit Duftstoffrezeptoren ausgestattet. Dabei handelt es sich um Proteine, die von den Riechzellen auf feinen Sinneshärchen in die Atemluft gehalten werden.

Rätsel der „zu feinen“ Nase

Bei der Erforschung der Riechzellen und ihrer Rezeptoren gab es eine bisher nicht gelöste Frage. Die Konzentration einzelner Duftstoffe in der Nase, also die Anzahl von Molekülen eines bestimmten Duftstoffs pro Kubikzentimeter Atemluft, ist sehr gering. Zugleich haben sich die Duftstoffrezeptoren als recht unempfindlich erwiesen. Sie reagieren nur äußerst schwach auf die niedrigen Duftstoffkonzentrationen. Wie kann es also sein, dass die Schlüsselfunktion unseres hochempfindlichen Riechsystems ausgerechnet von Rezeptoren mit geringer Empfindlichkeit ausgeübt wird?

Verstärkung durch elektrische Signale

Die Lösung ist ein elektrischer Verstärkungsmechanismus für die Riechzellen, den Forscher der Universität Heidelberg unter Leitung des Physiologen Professor Stephan Frings entschlüsselt haben. Sie fanden heraus, dass sich die Sinneshärchen der Riechzellen in besonderer Weise auf ihren Einsatz vorbereiten: Ein Proteinkomplex pumpt Chloridionen in das Innere der Sinneshärchen, so dass diese zu gut gefüllten Chloridspeichern werden. Bei einem Duftreiz kommt ein weiteres Protein zum Einsatz: ein Chloridkanal, von dem die Sinneshärchen viele Kopien in ihrer Außenmembran besitzen.

Diese Chloridkanäle bleiben solange geschlossen, wie die Riechzelle ruht. Beim Duftreiz aber löst die schwache Reaktion der Duftstoffrezeptoren eine schlagartige Öffnung aller Kanäle aus. Der Ausstrom negativ geladener Chloridionen verursacht eine Ladungsumkehrung der Riechzelle. Dadurch entstehen starke elektrische Signale, die mit den Geruchsinformationen zum Gehirn geleitet werden. (PNAS, 2010; doi: 10.1073/pnas.0909032107)

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(Universität Heidelberg, 01.02.2011 – NPO)

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