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Neurobiologie

Mozart-Musik macht doch nicht schlauer

Psychologen stimmen Abgesang auf "Mozart-Effekt" an

"Mozart-Effekt" nicht nachweisbar © Uni Wien

Seit Jahren streiten Wissenschaftler über angeblich intelligenzsteigernde Effekte durch das Hören von klassischer Musik. Nun berichten Wiener Forscher im Fachblatt „Intelligence“, dass es diesen so genannten „Mozart-Effekt“ wohl doch nicht gibt. Denn die Ergebnisse ihrer neuen Studie belegen, dass spezifische Leistungssteigerungen durch das bloße Anhören von Mozarts Musik nicht nachweisbar sind.

1993 publizierte ein Forscherteam um die US-Psychologin Frances H. Rauscher in „Nature“ einen Bericht über verbesserte Leistungen bei Intelligenztests nach dem Hören von Mozarts Musik. Demnach habe das Hören der 1781 von Mozart komponierten Sonate für zwei Klaviere in D-Dur – KV 448 – kurzfristig leistungssteigernde Wirkungen auf die Raumvorstellung.

Mozarts Musik als Wundermittel

Selten erregte eine wissenschaftliche Studie so großes öffentliches Interesse: Mozarts Musik wurde als Wundermittel zur Steigerung des IQ von Kindern gefeiert. So veranlasste 1998 der damalige Gouverneur des US-Bundesstaats Georgia, Zell Miller, dass jede Mutter eines Neugeborenen eine Klassik-CD kostenlos erhält.

Die Entzauberung des Mythos „Mozart-Effekt“

Unter Forschern wurden die Ergebnisse dagegen mit großer Skepsis aufgenommen. Versuche von Fachkollegen, diesen Effekt mit den gleichen Methoden zu erzielen, schlugen fehl. Jakob Pietschnig, Martin Voracek und Anton K. Formann vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung der Universität Wien präsentieren nun die Ergebnisse ihrer neuen Meta-Analyse zum Mozart-Effekt.

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Keine Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit

Bei einer statistischen Untersuchung der gesamten verfügbaren Forschungsliteratur von 39 Studien mit mehr als 3.000 Testpersonen zu diesem Thema ließ sich kein musikspezifischer Effekt auf das Raumvorstellungsvermögen nachweisen.

„Ich empfehle jedem, Mozarts Musik zu hören, aber die Erwartung, dadurch eine Steigerung der eigenen kognitiven Leistungsfähigkeit zu erzielen, ist nicht erfüllbar“, erklärt Pietschnig. Die Wirkung des in Nature postulierten Mozart-Effekts wurde bei Nachfolgeuntersuchungen nicht erhärtet.

Einer der größten Mythen der Psychologie

Somit entlarven die Forscher der Universität Wien diesen als Mythos – und bestätigen gleichzeitig amerikanische Psychologen, die den Mozart-Effekt als Nummer sechs der 50 größten Mythen der populären Psychologie führen.

(idw – Universität Wien, 05.05.2010 – DLO)

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