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Biologie

Minispinne denkt mit den Beinen

Gehirn nimmt fast den gesamten Körper und einen Teil der Gliedmaßen ein

Die vier Zentimeter lange Goldenen Seidenspinne Nephila clavipes hat genügend Platz, um ihr Gehirn unterzubringen, bei ihr nimmt es deutlich weniger Raum ein als bei kleineren Spinnenarten. © Pamela Belding

Sehr kleine Spinnen besitzen ein so großes Gehirn, dass es einen Großteil ihres Körpers einnimmt und sogar bis in die Beine hinein reicht. Das hat ein internationales Forscherteam festgestellt, als es das zentrale Nervensystem von neun Spinnenarten unterschiedlicher Größe genauer untersuchte – von der handtellergroßen Riesenspinne bis zum Winzling kleiner als ein Stecknadelkopf. Je kleiner die Spinnen waren, desto mehr Raum habe ihr Gehirn im Verhältnis zum Körper eingenommen, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Arthropod Structure & Development“.

„Wir entdeckten, dass das zentrale Nervensystem der kleinsten Spinnen fast 80 Prozent ihres Vorderkörpers ausfüllte, darunter auch 25 Prozent der oberen Beinglieder“, sagt Studienleiter William Wcislo vom Smithsonian Tropical Research Institute in Panama. Bei den kleinsten Jugendstadien einiger Spinnen, darunter der Netzspinne Leucauge mariana, sei dadurch der Körper sogar deformiert und das Brustschild nach außen gewölbt.

Der Grund für diese außergewöhnlich voluminösen Gehirne liege in der grundlegenden Anatomie der Nerven: „Je kleiner ein Tier ist, desto mehr muss es in sein Gehirn investieren“, erklärt Wcislo. Denn Nervenzellen lassen sich wegen ihres großen Zellkerns nicht beliebig verkleinern. Und Nervenfasern dürfen nicht zu dünn werden, weil sie sonst die Signale nicht mehr störungsfrei leiten können. Um dennoch ein Netz spinnen zu können und andere komplexe Verhaltensweisen zu beherrschen, müsse ein kleines Tier daher seinem Gehirn mehr Platz einräumen, meint der Forscher.

Im Verhältnis größeres Gehirn auch bei anderen kleinen Tierarten

Diese Regel, auch als Hallers Regel bekannt, gelte auch für andere Tierarten, darunter auch Säugetiere. Mit dem kleineren Körper veränderten sich auch meist die Proportionen der inneren Organe und vor allem des Gehirns. „Das Gehirn von uns Menschen macht nur zwei bis drei Prozent unserer Körpermasse aus“, sagt Wcislo. Das Gehirn der wenige Millimeter großen Ameisen sei bereits für 15 Prozent ihrer Masse verantwortlich.

Mit nur wenigen Zehntelmillimeter Größe und einem Gewicht von nur 0,005 Milligramm seien die kleinsten Spinnen in der Studie noch einmal mehrere Größenordnungen kleiner. Entsprechend viel Raum benötige ihr Gehirn.

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Das Gehirn (Pfeile) der kleinsten Spinnen, hier Jugendstadien der Art Mysmena, reicht von ihrem Körper bis in die oberen Bereiche ihrer Beine. © Wcislo lab

Gehirn braucht am meisten Futter

Da Nervenzellen viel Energie verbrauchen, vermuten die Forscher, dass die kleinsten Spinnen fast ihre gesamte Nahrung benötigen, um den Energiebedarf ihres Gehirns zu decken. Die im Verhältnis großen Gehirne hatten die Wissenschaftler sowohl bei Netzspinnen gefunden, die ihre Beute in selbstgewebten Netzen finden, als auch bei parasitischen Diebspinnen, die anderen ihre Beute stehlen.

Für ihre Studie hatten die Forscher neun Spinnenarten aus dem Regenwald Mittelamerikas gefangen und auf deren Gehirngröße hin untersucht. Die größte Art, die vier Zentimeter lange Goldene Seidenspinne (Nephila clavipes) wog dabei 400.000 Mal mehr als die kleinste untersuchte, die in der Streuschicht lebende Spinne Anapisona simoni. (Arthropod Structure & Development, 2011; doi:10.1016/j.asd.2011.07.002)

(Arthropod Structure & Development / dapd, 20.12.2011 – NPO)

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