Fresszellen gehören zur ersten Verteidigungslinie des Immunsystems. Bakterien, die in den Körper eindringen, sind den Fresszellen jedoch nicht schutzlos ausgeliefert. Sie bilden Substanzen, die die Fresszellen angreifen und abtöten können. Braunschweiger Forscher haben jetzt einen neuen Mechanismus entdeckt, der zur Zerstörung der Fresszellen führt. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Cellular Microbiology“.
Fresszellen erkennen Bakterien, Pilze und Viren, die den Körper krank machen können. Sie nehmen diese Keime auf, um sie zu bekämpfen. Im Zellinneren zerstören sie die Eindringlinge und locken mit chemischen Botenstoffen weitere Immunzellen an den Infektionsherd. Wenn die Fresszellen es nicht schaffen, sich gegen die Bakterien zur Wehr zu setzen, gewinnen die Bakterien die Oberhand – die Infektion breitet sich aus.
Angriff auf die „Kraftwerke der Zellen“
Eva Medina und ihr Team vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchten nun in einer neuen Studie, wie die Bakterienart Streptococcus pyogenes die Fresszellen angreift. Das Ergebnis überraschte die Forscher: Die Bakterien zerstören die Kraftwerke der Fresszellen, die Mitochondrien. Dadurch bricht der Energiehaushalt zusammen und die Zellen sterben. In ihren Experimenten klärten die Forscher den bisher unbekannten Mechanismus auf, der zur Zerstörung der Mitochondrien und damit zum Zelltod führt.
Am Anfang stehen von den Bakterien produzierte Substanzen, die die Zellhülle der Fresszellen durchlöchern. „Bakterien produzieren diese so genannten Cytolysine ständig, um vorbereitet zu sein, wenn sie auf unsere Immunabwehr treffen“, sagt Medina. Die Forscher versuchten nun, die Löcher in der Membran der Fresszellen zu stopfen und damit die Zellen zu retten. Obwohl ihnen dies gelang, starben die Zellen trotzdem.
Fatale Löcher in der Membran
Den Grund fand Medinas Team nach einiger Zeit: Die Bakterien hatten nicht nur die Zellhülle durchlöchert, sondern dabei auch die „Kraftwerke der Zellen“, die Mitochondrien in Mitleidenschaft gezogen. „Normalerweise haben die Fresszellen gelernt, diesen Cytolysinen zu entgehen und sie zu neutralisieren. Aber die Löcher in der Membran stressen die Zellen und beeinträchtigen auch die Mitochondrien im Zellinneren. Schließlich geben sie auf und produzieren keine Energie mehr“, sagt Medina.
Was für die Fresszellen den Tod bedeutet, hilft den Bakterien bei der Infektion. „Die Bakterien töten die Fresszellen heimtückisch aus der Distanz. Die erste Verteidigungslinie des Körpers bricht zusammen. Durch den Zelltod der Fresszellen entstehen Gewebeverletzungen und die Bakterien können sich besser ausbreiten“, erklärt Medina. „Bis das Immunsystem merkt, was los ist, ist es schon zu spät.“
(idw – Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, 12.01.2009 – DLO)