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Mikrobiologie

„Methanfresser“ lebt nur von Luft

Bakterien veratmen Gase der Atmosphäre zur Energiegewinnung

Methanfresser M. gorgona
Zellen des Bakteriums Methylocapsa gorgona: Die Mikrobe kann offenbar allein von Luft leben. © Tveit et al., PNAS, 2019

Luftfressende Mikrobe: Forscher haben ein Bakterium entdeckt, das allein von Luft leben kann. Die Spezies nutzt das Treibhausgas Methan und andere Stoffe aus der Atmosphäre für sein Wachstum – und braucht offenbar nichts anderes, wie Experimente zeigen. In Zukunft könnte die Mikrobe neue Erkenntnisse über biologische Treibhausgassenken liefern sowie über mögliches Leben auf anderen Planeten.

Die Wirkung des Treibhausgases Methan (CH4) ist rund 20- bis 30-mal so hoch wie die von Kohlendioxid. Auch wenn nur etwa 1,8 Teile in einer Million Teile Luft CH4 sind, ist das Gas für rund 15 Prozent der Erderwärmung verantwortlich. Neben menschlichen Aktivitäten wie die Erdgasgewinnung oder die Viehzucht tragen auch natürliche Quellen zur Freisetzung dieses hochwirksamen Klimagases in die Atmosphäre bei – zum Beispiel Feuchtgebiete und Sümpfe oder Methanaustritte am Meeresgrund.

Doch nicht alles Methan, das auf diese Weise entsteht, breitet sich auch in der Luft aus. Denn es gibt Bakterien, die das klimaschädliche Gas abbauen können. Diese „Methanfresser“ tummeln sich in Böden und Meeressedimenten, in denen Methan in besonders hohen Konzentrationen vorkommt. Doch gibt es auch Mikroben, die die im Vergleich extrem geringen Methanmengen in der Atmosphäre verstoffwechseln und sozusagen nur von Luft leben können?

Erstmals isoliert

Diese These galt bisher als umstritten, weil es noch nie gelungen war, solche Mikroorganismen zu isolieren und im Labor zu züchten. „Wir haben es nun aber erstmals geschafft, ein Methan-abbauendes Bakterium zu isolieren, das wirklich von Luft leben kann“, berichtet Alexander Tveit von der Universität Tromsø in Norwegen.

Diese Mikrobe namens Methylocapsa gorgona kommt in Böden aus aller Welt vor und hat seine erstaunlichen Fähigkeiten im Experiment eindrücklich unter Beweis gestellt. Wie der Forscher und seine Kollegen herausfanden, reicht dem Bakterium Methan in atmosphärischen Konzentrationen aus, um Energie und Kohlenstoff für den Aufbau von Biomasse zu gewinnen und zu wachsen.

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Fünf Gase zum Wachsen

Doch Methan ist nicht das einzige Gas aus der Atmosphäre, welches diese Spezies zu nutzen weiß. Wie sich herausstellte, fixiert Methylocapsa gorgona außerdem Luftstickstoff und kann zudem Sauerstoff für seinen Metabolismus nutzen. „Durch genomische und proteomische Analysen konnten wir darüber hinaus zeigen, dass das Bakterium auch aus der Veratmung von Kohlenmonoxid und Wasserstoff Energie gewinnen kann“, berichtet Mitautor Andreas Richter von der Universität Wien.

Damit nutzt die Mikrobe gleich fünf Gase der Luft für ihr Wachstum und ist somit ein echter Spezialist für das Leben von Luft alleine. Diese Spezialisierung könnte allerdings weiterverbreitet sein als gedacht, wie die Wissenschaftler erklären. So legten weitere Experimente nahe, dass auch andere Arten aus der Gattung Methylocapsa nur von Luft leben können.

Spurengase als Lebensgrundlage

Von der Isolierung und Charakterisierung des nun identifizierten „Luftfressers“ erhoffen sich die Forscher langfristig ein besseres Verständnis von biologischen Methansenken. Welche Rolle spielen solche Organismen als Puffer für das Treibhausgas? Daneben könnte die Mikrobe aber auch neue Erkenntnisse dazu liefern, inwiefern Spurengase Leben auf unserem und möglicherweise auch anderen Planeten ermöglichen, so das Fazit des Teams. (PNAS, 2019; doi: 10.1073/pnas.1817812116)

Quelle: Universität Wien

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