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Biologie

Mensch schuld an Amphibiensterben

Handel mit Fröschen ließ tödliche Pilzvariante entstehen

Geburtshelferkröte © F. Lamio / GFDL

Der Mensch ist wahrscheinlich direkt schuld an der tödlichen, weltweit grassierenden Amphibienseuche. Denn erst der globale Handel mit Fröschen, Lurchen und anderen Amphibien ließ den besonders aggressiven Stamm des krankmachenden Chytrid-Pilzes entstehen. Das berichtet eine internationale Forschergruppe im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Science“. Dieser neue Pilzstamm habe sich im 20. Jahrhundert auf mindestens fünf Kontinenten verbreitet und sei dort für Millionen von toten Amphibien verantwortlich.

„Der Kontakt zwischen zuvor getrennten Populationen des Pilzes hat wahrscheinlich zu einer Rekombination von Genen geführt“, sagen die Wissenschaftler. Sie hatten für ihre Studie das Erbgut von 20 Pilzproben aus Amphibien nahezu aller Kontinente verglichen. Dabei identifizierten sie zwei nur regional in der Schweiz und in Südafrika verbreitete Pilzlinien und eine global vorkommende.

Pilzstamm vor maximal 275 Jahren entstanden

„Dieser globale Pilzstamm enthielt die Gene aller zuvor bekannten Pilzvarianten“, schreiben Rhys Farrer vom Imperial College London und seine Kollegen. Der neue, rekombinierte Stamm des Pilzes Batrachochytrium dendrobatidis sei aggressiver als viele vorhergehende Linien.

Anhand der Genvergleiche stellten die Forscher fest, dass der neue Pilzstamm vor 35 bis maximal 275 Jahren entstanden sein muss. Die ersten Krankheitsfälle habe man aber erst in den 1970er beobachtet. „Unsere Datierung spricht dafür, dass der neue Pilzstamm sich mit dem Aufkommen des weltweiten Amphibienhandels ausgebreitet hat“, schreiben die Wissenschaftler.

Ergreife man auch zukünftig beim Amphibienhandel keine Maßnahmen zur Biosicherheit, werde sich die Situation noch verschärfen. „Wir prognostizieren dann die Entstehung weiterer aggressiver Pilzlinien bei einer großen Palette von Amphibienarten und in den verschiedensten Lebensräumen“, warnen die Forscher.

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Pilz vernichtet örtlich bis zu 40 Prozent der Amphibienarten

Nach Angaben der Forscher hat der Pilz Batrachochytrium dendrobatidis (BD) in einigen Regionen bis zu 40 Prozent aller Amphibienarten ausgerottet. Vor allem in tropischen Regionen gilt die Pilzinfektion als eine der Hauptursachen für das gravierende Amphibiensterben.

Der Pilz befällt die Tiere über ihre dünne, feuchte Haut. Als Einfallspforten für die Infektion gelten dabei vor allem Füße und Rumpfunterseite, bei Kaulquappen der Mundbereich. Äußerlich ist meist erst kurz vor dem Tod des Tieres zu erkennen, ob ein Frosch oder eine Kröte den Erreger in sich trägt. Unter anderem deshalb könnte der Mensch unwissentlich infizierte Tiere in den Handel bringen und verbreiten.

Krankmachender Pilz ist genetisch vielfältiger als gedacht

Die neuen Erkenntnisse erklärten auch, warum Amphibien unterschiedlich stark von dieser Pilzkrankheit betroffen sind, sagen die Forscher. Denn der Fund von zwei unabhängigen und einer rekombinierten Pilzlinie zeige, dass der Krankheitserreger genetisch sehr vielfältig sei.

In Versuchen mit Erdkröten habe man deutliche Unterschiede in der Aggressivität der Stämme festgestellt: „Kröten, die dem südafrikanischen Pilzstamm ausgesetzt wurden, hatten signifikant niedrigere Infektions- und Todesraten als die Kröten, die mit dem rekombinierten Stamm in Berührung kamen“, schreiben die Forscher.

Zumindest einige Amphibien könnten im Laufe der Evolution Resistenzen gegen schon seit langem in ihrem Lebensraum existierende Pilzstämme gebildet haben. Diese Immunität schütze die Tiere aber offenbar kaum oder gar nicht gegen den rekombinierten, neuen Pilzstamm. (Proceedings of the National Academy of Science, 2011; DOI: 10.1073/pnas.1111915108)

(Proceedings of the National Academy of Science / dapd, 08.11.2011 – NPO)

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