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Neurobiologie

Männer navigieren effizienter

Experiment bestätigt Klischee zum Orientierungsvermögen der Geschlechter

Wo geht's lang? Dem Vorurteil nach weiß der Mann meist besser bescheid. © Beer 5020/ iStock.com

Stimmt es also doch? Männer scheinen tatsächlich die besseren „Pfadfinder“ zu sein. Denn sie bewegen sich effizienter durch ihnen grundsätzlich bekannte Umgebungen und erreichen ihr Ziel dadurch deutlich schneller, wie ein Experiment belegt. Demnach nehmen die Herren der Schöpfung häufiger sinnvolle Abkürzungen. Frauen folgen dagegen eher einmal eingeprägten Routen und neigen außerdem dazu, umher zu wandern.

Typisch Mann, typisch Frau: Klischees über die Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es viele – und in manchen steckt tatsächlich ein wahrer Kern. Zwar ist „das“ männliche oder weibliche Gehirn ein Mythos. Trotzdem scheinen sich Frauen in manchen Situationen anders zu verhalten und auch anders zu denken als Männer.

So reagieren die Geschlechter nachweislich unterschiedlich auf Stress und negative Gefühle. Männer sind zudem offenbar tendenziell narzisstischer und Frauen großzügiger als das andere Geschlecht. Und auch für eines der gängigsten Vorurteile gibt es zumindest Hinweise: Die Damen sind den Herren in Sachen räumliches Vorstellungs- und Orientierungsvermögen unterlegen.

Orientierung im Labyrinth

Doch wie belastbar ist diese Erkenntnis wirklich? Das haben sich nun Alexander Boone von der University of California in Santa Barbara und seine Kollegen gefragt – und die Orientierungskompetenz der Geschlechter experimentell auf die Probe gestellt. Dafür luden die Forscher 68 Probanden zum Test ein. Diese sollten sich zunächst mit dem Grundriss eines Labyrinths auf einem Computerbildschirm vertraut machen. Anschließend galt es, sich von unterschiedlichen Startpunkten durch dieses Wegenetz hindurch zu navigieren und ein vorgegebenes Ziel zu erreichen.

Eine zweite Gruppe mit 72 Teilnehmern machte einen ähnlichen Test. Allerdings existierten dieses Mal unterschiedliche Versionen des Labyrinths: einmal waren Orientierungspunkte wie Bäume im Hintergrund zu sehen, einmal fehlten solche Landmarken. Im Anschluss an die Experimente füllten die Probanden einen Fragebogen aus und berichteten beispielsweise, welche Strategie sie gewählt hatten, um sich in der virtuellen Umgebung zurecht zu finden.

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Schneller am Ziel

Die Auswertung der Tests offenbarte, was vorherige Untersuchungen bereits vermuten ließen: „Die Experimente bestätigten, dass Männer tendenziell zielstrebiger navigieren und gerne Abkürzungen nehmen. Frauen neigen dagegen dazu, strikt einer einmal gelernten Route zu folgen. Außerdem wandern sie häufiger einfach umher“, berichtet Boone.

Das wirkte sich auch auf die Zeit aus, die die Teilnehmer für das Erreichen ihres Ziels benötigten: „In beiden Experimenten waren die Männer signifikant effizienter als die Frauen“, sagt der Forscher. So bewegten sich die Herren der Schöpfung in der Regel auf dem direkteren Weg zum Ziel – und waren dadurch deutlich schneller. Das galt selbst dann noch, als das Team die durch unterschiedliche Navigationsstrategien zustande kommenden Effekte herausgerechnet hatte.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Wie das Team ausdrücklich betont, stellen diese Ergebnisse einen Durchschnitt dar. Denn natürlich gibt es auch Frauen, die sich perfekt in jeder Umgebung zurecht finden – und Männer, die Orientierungsnieten sind. „Insgesamt legt unsere Studie jedoch nahe, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Sachen Navigationseffizienz groß sind“, konstatiert Boone.

Diese Erkenntnisse deuten den Forschern zufolge darauf hin, dass sich Frauen spezielle Orientierungspunkte weniger gut einprägen können und möglicherweise nicht so gut darin sind, Geländepläne auswendig zu lernen. Weitere Untersuchungen sollen diese Zusammenhänge in Zukunft bestätigen.

Denn noch gibt es eine zweite mögliche Erklärung für die beobachteten Unterschiede: „Womöglich ist auch einfach die Fähigkeit, sich in virtuellen Umgebungen zu bewegen, eine andere. Denn Männer verbringen in der Regel mehr Zeit damit, Videospiele zu spielen“, schließt Boone. (Efficiency, Memory & Cognition, 2018; doi: 10.3758/s13421-018-0811-y)

(Springer Nature, 12.06.2018 – DAL)

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