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Neurobiologie

Lernen im Schlaf funktioniert auch für Musik

Zuvor geübte Melodien prägen sich durch erneutes Hören im Tiefschlaf besser ein

Musikstücke lernen sich leichter, wenn wir sie auch im Schlaf hören. Das zeigt ein Experiment US-amerikanischer Forscher. Sie spielten ihren Probanden im Tiefschlaf eine von zwei Melodien vor, die diese zuvor auf einer Klaviertastatur zu spielen geübt hatten. Nach der Schlafphase konnten die Versuchspersonen die im Schlaf gehörte Melodie besser und mit weniger Fehlern spielen als die nicht auf diese Weise wiederholte Melodie. Das zeige, dass externe Stimulation im Schlaf auch komplexe Fähigkeiten verbessern könne. Sie verstärke die Erinnerung an zuvor Gelerntes, berichten die Forscher der Northwestern University in Evanston im Fachmagazin „Nature Neuroscience“.

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Schon seit langem gibt es die Vorstellung, man könne Fremdsprachen oder andere Fertigkeiten einfach im Schlaf lernen. Das allerdings sei ein Mythos und auch nicht das, was man jetzt belegt habe, betont Paul Reber von der Northwestern University, einer der Autoren der Studie. „Der entscheidende Unterschied dazu ist, dass hier die Erinnerung an etwas verbessert wird, was man schon gelernt hat.“ Wenn man das Gelernte erneut im Schlaf höre, reaktiviere man die kürzlich gespeicherten Informationen.

Die Forscher schließen allerdings nicht aus, dass dieser Mechanismus auch dabei helfen könnte, eine Fremdsprache oder auch andere Dinge besser zu lernen: „Wenn man tagsüber lernt, eine fremde Sprache zu sprechen und dann diese Erinnerungen nachts im Schlaf reaktiviert werden, dann könnte das durchaus das Lernern verbessern“, so Reber.

Computer gibt Melodie vor

In dem Experiment lernten die Versuchspersonen zunächst, zwei verschiedene zwölf Noten lange Melodien auf einer Klaviertastatur zu spielen. Auf einem Computerbildschirm zeigten ihnen farbige Kreise an, welche Töne jeweils gefordert waren. Nach der Übungssitzung legten sich alle Probanden für 90 Minuten schlafen. Dabei trugen sie eine Elektrodenkappe, über die Wissenschaftler ihre Hirnströme aufzeichneten. Dadurch konnten sie feststellen, wann die Versuchspersonen in die Tiefschlafphase glitten.

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Während des Tiefschlafs spielten die Forscher einem Teil der Probanden eines der beiden Musikstücke leise über Kopfhörer vor – ohne dass die Versuchspersonen dies merkten oder davon wussten. Am nächsten Tag mussten sie erneut die beiden Musikstücke spielen. Bei der im Schlaf gehörten Melodie fiel dies den Probanden deutlich leichter als bei der anderen. Sie machten weniger Fehler und folgten dem vorgegebenen Rhythmus genauer, wie die Forscher berichten.

Schlaf verfestigt Erlerntes

Es gebe schon länger Hinweise darauf, dass unser Gehirn während des Schlafens die tagsüber aufgenommenen Informationen verarbeite und in unser Gedächtnis übernehme, sagen Erstautor James Anthony und seine Kollegen. Eine kurze Schlafphase könne bereits dabei helfen, eine neu erlernte Fähigkeit zu verfestigen. Experimente haben auch bereits gezeigt, dass sich dieser Prozess der Gedächtnisbildung verstärken lässt. So konnten sich Probanden besser merken, wo sich Objekte auf einem Bildschirm befanden, wenn sie sowohl während des Lernens als auch im Schlaf Rosenduft rochen.

Dass diese Verstärkung im Schlaf auch für komplexe Fertigkeiten wie das Spielen von Musik gilt, hat jetzt das Team der Northwestern University gezeigt. Sie hoffen, dass diese und ähnliche Studien dazu beitragen, mehr darüber zu erfahren, wie unser Gedächtnis funktioniert und welche Rolle der Schlaf dabei spielt. Möglicherweise könnte dieses Wissen dann eines Tages angewendet werden, um verschiedene Fähigkeiten und Erinnerungen gezielt während des Schlafens zu festigen. (doi:10.1038/nn.3152)

(Nature Neuroscience, 26.06.2012 – NPO)

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