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Medizin

Leber schützt Niere

Funktionsstörungen im Entgiftungssystem der Leber lösen schwere Nierenschäden aus

Wissenschaftler haben erstmals entdeckt, dass die Blutreinigung durch Zellen des Lebergefäßbetts nicht nur für die Gesundheit der Leber selbst wichtig ist, sondern auch für die Niere. Funktionierte bei Mäusen das für die Reinigung des Blutes von Abbausstoffen und Wachstumsfaktoren wichtige Stabilin-Rezeptorsystem nicht, war ein schweres Nierenleiden die Folge. Diese neue Erkenntnis eröffnet eine neue Sicht auf die Zusammenhänge von Leber und Nierenfunktion.

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Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan des menschlichen Körpers. Hier finden die wichtigen Stoffwechselvorgänge statt, wie die Metabolisierung von Fetten, Proteinen und Kohlehydraten. Eine der wichtigsten Aufgaben der Leber ist der Abbau stoffwechseleigener und stoffwechselfremder Substanzen. Viele der beim Abbau von großen Molekülen entstehenden Abfallprodukte treten in den Blutkreislauf ein, gelangen in die Leber und werden dort schließlich entsorgt. Die Entgiftungsfunktion übernehmen Zellen, die das verzweigte Gefäßbett der Leber, die Lebersinusoide, auskleiden, die so genannten Lebersinusoid-Endothelzellen (LSEC). Wie aber dieses Entsorgungs- und Recyclingsystem des Lebergefäßbetts funktioniert, war bislang nicht ausreichend geklärt.

Rezeptoren auf Leberzellen sorgen für Blutentgiftung

Wissenschaftler der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) sindjetzt dieser Frage nachgegangen, indem sie sich die Rezeptoren dieser Zellen genauer angeschaut haben. Die Lebersinusoid-Endothelzellen tragen drei Typen von Rezeptoren an ihrer Oberfläche, die sie bei ihrer Aufgabe unterstützen. Sie kontrollieren die Aufnahme von Stoffen in die Endothelzellen. Neben dem Mannose-Rezeptor und bestimmten Immunglobulinrezeptoren sind die Rezeptoren Stabilin-1 und Stabilin-2 das wichtigste multifunktionale Rezeptorsystem der Lebergefäße.

Dieses Rezeptorsystem hatten die Mannheimer Forscher schon vor einiger Zeit entdeckt. Um die Funktionen dieser beiden Rezeptoren besser aufzuklären, entwickelten die Mannheimer Wissenschaftler – unterstützt von Gruppen am Deutschen Krebsforschungszentrum und am Universitätsklinikum Heidelberg – jetzt Mäuse, denen jeweils einer der beiden Rezeptoren fehlt, sowie Mäuse, denen beide Rezeptoren gleichzeitig fehlen.

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Rezeptorfehler der Leber zieht Nierenschaden nach sich

Das Ergebnis der Versuche: Die Mäuse mit nur je einem der beiden Stabilin-Rezeptoren entwickeln sich phänotypisch normal, das Fehlen eines der beiden Rezeptoren scheint sie nicht zu beeinträchtigen. Mäuse, denen beide Rezeptoren fehlen, sterben dagegen deutlich früher. Interessanterweise scheint sich der Defekt aber nicht auf die Leber auszuwirken, denn diese zeigt keine Funktionsstörungen. Die Mäuse entwickeln jedoch ein schweres Nierenleiden – eine Fibrose der Nierenglomeruli, bei der vermehrt Bindegewebe gebildet und die Filterfunktion der Niere massiv beeinträchtigt wird. Zudem ezigte sich, dass bei den betroffenen Tieren ein bestimmter Wachstumsfaktor (GDF-15) unzureichend aus dem Blut entfernt wird.

Diese Ergebnisse unterstreichen nicht nur die Wichtigkeit des intakten Lebergefäßbetts für den gesamten Organismus, sondern sind auch deswegen hoch interessant, weil damit ein völlig neuer Mechanismus beschrieben wird, bei dem es durch verminderte Blutreinigung im Lebergefäßbett zu einer fibrotischen Schädigung der Niere kommen kann. Die Arbeit öffnet somit den Weg für weitergehende Untersuchungen zur Beteiligung der Leber an der Entstehung vieler Nierenerkrankungen. (The Journal of Clinical Investigation, 2011; DOI: 10.1172/JCI44740)

(Universitätsmedizin Mannheim, 13.01.2011 – NPO)

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