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Genetik

Labormäuse liefern größten Katalog der Genvarianten

Neue Daten erleichtern Fahndung nach Krankheitsursachen beim Menschen

Forscher haben erstmals eine genetische Blaupause für das wichtigste Labortier der medizinischen Forschung erstellt: die Maus. Dafür dekodierten und verglichen sie das Erbgut von 17 verschiedenen Labormaus-Stämmen. Der resultierende Katalog von mehr als 56,7 Millionen Genvarianten sei der größte seiner Art bei den Säugetieren, berichtet ein internationales Forscherteam in gleich zwei Artikeln im Fachmagazin „Nature“. Er ermögliche es, menschliche Krankheitsursachen viel schneller ausfindig zu machen als bisher.

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Labormäuse werden heute meist in Inzuchtstämmen gezüchtet. Dadurch sind die Tiere innerhalb eines Stamms nahezu genetisch identisch. Zwischen den Stämmen gibt es aber zahlreiche Unterschiede in medizinischen und biologischen Merkmalen. „Die Unterschiede zwischen den Mäusestämmen sind ein Modell der Genvariationen zwischen einzelnen Menschen“, erklären die Forscher in ihrem Artikel.

In der medizinischen Forschung werden daher gezielt Labormaustypen gesucht, die eine auch beim Menschen vorkommende Genvariante tragen oder die an einer entsprechenden Krankheit leiden. So werden beispielsweise Mäuse mit einer speziellen Demenzform zur Erforschung der Alzheimerkrankheit eingesetzt. Bisher war die Zucht solcher sogenannten Mausmodelle langwierig und teilweise aufwändig. Um die benötigten Mutationen und Gene zu identifizieren, wurden meist zahlreiche Tiere benötigt. Der jetzt von dem Forscherteam erstellte Genvariantenkatalog kann dies nun ändern.

Zehnfach mehr Varianten als bisher bekannt

Für ihre Studie analysierten die WIssenschaftler das Erbgut von 14 etablierten Laborstämmen und vier aus dem Wildtyp abgeleiteten Stämmen. Beim Vergleich dieser Sequenzen habe man zehn Mal mehr Varianten entdeckt als bisher bekannt gewesen seien, schreiben die Forscher. Ein Teil dieser Varianten ließ sich bereits mehr als 700 biologischen Unterschieden zuordnen. Darunter seien auch Sequenzen, die für Krankheiten wie Diabetes und Herzleiden verantwortlich seien, berichten die Wissenschaftler. Man habe zudem festgestellt, dass die Position und Art dieser Genvarianten beeinflusse, ob sie Auswirkungen hätten oder nicht.

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Suche nach krankmachenden Genvarianten beschleunigt

„Früher hat es manchmal 40 Jahre gedauert, um ein den Menschen krankmachendes Gen im Mausmodell zu finden. Jetzt, mit unserem Katalog der Genvarianten, geht das atemberaubend schnell“, sagt Thomas Keane vom Wellcome Trust Sanger Institute in Cambridge. Der neue Katalog könne nun genutzt werden, um die genetischen Unterschiede zwischen Individuen weiter zu erforschen. Diese Unterschiede seien es auch, die einige Menschen anfälliger für eine bestimmte Krankheit machten als andere, sagen die Wissenschaftler.

„Die Mäuse und ihre jetzt katalogisierten Gensequenzen werden eine entscheidende Rolle dafür spielen, uns zu zeigen, wie genetische Variationen zu Krankheiten führen“, sagt Projektleiter David Adams. Das ermögliche auch die Entwicklung neuer Therapien.

„Diese Studie ist ein erster Schritt auf dem langen Weg, der vom Verstehen, was das Genom ist, zum Wissen darüber, was es bewirkt, reicht“, sagt Jonathan Flint vom Wellcome Trust Centre for Human Genetics, einer der Leiter der Studie. Als nächstes wolle man weitere Mäusestämme sequenzieren, gezielt nach krebserregenden Genvarianten suchen und erforschen, wie diese Varianten die Genfunktion beeinflussen. (Nature, 2011; DOI: 10.1038/nature10413; DOI: 10.1038/nature10432)

(Nature, 15.09.2011 – NPO)

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