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Biologie

Krokodil mit Fingerspitzengefühl

Kiefer des Krokodils sind feinfühliger als unsere Fingerspitze

Der Kopf des Nilkrokodils zeigt die Verteilung der Hautauswölbungen. © The Journal of Experimental Biology

Die fruchteinflößenden Kiefer der Krokodile sind ihre sensibelste Zone: In der Haut dieses Bereichs sitzen unzählige hochempfindliche Sensoren, die selbst feinste Berührungen registrieren. Das haben zwei US-amerikanische Forscher herausgefunden, als sie die zahlreichen pockenartigen Hauterhebungen der Krokodile genauer untersuchten. In ihnen entdeckten sie Vibrations- und Tast-Sinnesorgane, die mit einem fein verästelten Nervennetz verbunden waren, wie das Fachblatt „The Journal of Experimental Biology“ berichtete.

In Tests hätte die von diesen Sensoren durchsetzte Reptilhaut noch sensibler auf Berührungen reagiert als menschliche Fingerspitzen, berichten die Biologen. Sie vermuten, dass die Krokodile mit diesen Hautsensoren am Kiefer feinste Schwingungen im Wasser spüren und bei direktem Kontakt schmackhafte Beute innerhalb von Millisekunden von ungenießbaren Objekten unterscheiden können.

Die Köpfe von Krokodilen sind übersät mit Tausenden von winzigen Hautauswölbungen. Durch ihre dunkle Pigmentierung sind diese besonders im Bereich des sonst überwiegend hellgefärbten Mauls deutlich sichtbar. Welche Funktion diese pockenartigen Erhebungen haben, sei bisher unklar gewesen. „Man hat vermutet, dass dies Drüsen sind, aus denen wasserabweisende Öle abgegeben werden, Rezeptoren für den Salzgehalt des Wassers oder auch Sinnesorgane für elektrische Felder“, schreiben die Studienautoren Duncan Leitch und Kenneth Catania von der Vanderbuilt University in Nashville. Untersucht habe man diese Auswölbungen aber bisher kaum.

Vibrationssensoren und ein fein verästeltes Nervennetz

Um dem Zweck dieser Auswölbungen auf die Spur zu kommen, hatten die Forscher Hautquerschnitte von Nil-Krokodilen und amerikanischen Alligatoren unter dem Elektronenmikroskop untersucht. In den Auswölbungen entdeckten sie freie Nervenenden, die jeweils bis an die obersten Hautschichten ragten. Zusätzlich enthielten die Hautbuckel auch kleine, von Lamellen durchzogenen Körperchen – Vibrationssensoren, wie die Forscher erklären. In der untersten Hautschicht habe man zudem Drucksensoren gefunden. Dies deute darauf hin, dass die Auswölbungen in der Haut dazu dienten, Berührungen und andere mechanische Reize wahrzunehmen.

Gestützt wurde diese Schlussfolgerung durch eine weitere Beobachtung: Als die Wissenschaftler im Anschluss den ganzen Kieferbereich scannten, zeigte sich ein dichtes Nervennetz, dessen Enden bis in die winzigen Hauterhebungen reichten. „Die Versorgung des Kiefers mit Nerven war unglaublich“, sagt Catania.

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Reaktion schon bei der leichtesten Berührung

Um die Funktion der Hautpocken zu prüfen, stimulierten die Forscher diese Sensoren mit verschiedensten Reizen und zeichneten die elektrische Aktivität des nächsten Nervenknotens auf. Dabei zeigte sich, dass die Sensoren nicht auf Änderungen des Salzgehalts oder elektrische Felder reagierten, sondern nur auf mechanische Reize. „Selbst Berührungen durch das feinste Haar im Mess-Set erzeugten eine deutliche Reaktion“, berichten die Forscher. Damit sei die Krokodilhaut sensibler als die der Fingerspitzen, die als eine der empfindlichsten Hautpartien des Menschen gelten.

Nach Ansicht der Forscher helfen die feinen Sensoren am Kiefer den Krokodilen dabei, geeignete Beute zu finden und zu identifizieren. „Wenn sie aktiv auf der Jagd sind, öffnen Krokodile ihr Maul, so dass die Sensoren sowohl unter als auch über Wasser sind“, schreiben sie. Das ermögliche es ihnen, Objekte mit denen sie in Kontakt kommen, blitzschnell zu packen und zu prüfen, ob diese essbar sind. Bei Filmaufnahmen in einem Aquarium zeigte sich die Geschwindigkeit dieser Reaktion: „Innerhalb von 50 Millisekunden schnappten sie zu“, sagt Catania (doi: 10.1242/jeb.076836).

(The Journal of Experimental Biology, 08.11.2012 – IRE)

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