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Biologie

Korallengarten vor Grönland entdeckt

Trotz kaltem Wasser und 500 Meter Tiefe gedeihen Korallen, Anemonen und andere Meerestiere

korallengarten
Seeanemonen, Weichkorallen und andere sessile Meerestiere bilden vor Grönlands Westküste einen Korallengarten in 500 Metern Tiefe. © ZSL/GINR

Oase der Tiefsee: Vor der Küste von Westgrönland haben Forscher ausgedehnte Korallengärten entdeckt – artenreiche Gemeinschaften von Korallen, Anemonen und anderen Meerestieren. Sie gedeihen am Kontinentalhang in rund 500 Meter Tiefe trotz Dunkelheit, Kälte und hohem Druck. Dieser Fund demonstriere, wie wenig die Tiefsee bislang erkundet sei, sagen die Forscher. Die neuentdeckten Lebensgemeinschaften könnten jedoch durch Schleppnetzfischerei akut bedroht sein.

Viele Korallen leben in sonnendurchfluteten tropischen Gewässern – aber längst nicht alle: Kaltwasserkorallen können auch dort gedeihen, wo das Wasser kalt und das Licht eher spärlich ist, wie an den Kontinentalhängen der Ozeane und sogar in der Tiefsee. Vor Mauretanien bilden diese Tiefseekorallen sogar das größte Kaltwasser-Riff der Erde, aber auch vor Yucatan, in Skandinavien und vor Südgrönland haben Forscher schon Korallen entdeckt.

Polarlicht
Oben leuchten Polarlichter und am Meeresgrund wachsen Korallen. © Mona Fuhrmann

Korallengärten vor Grönlands Küste

Jetzt kommt eine neue Art der Korallengemeinschaft hinzu – ein Korallengarten vor der Westküste Grönlands. Als Stephen Long vom University College London und sein Team dort den Meeresgrund am Kontinentalhang mit einen Videoschlitten erkundeten, stießen sie auf eine überraschend artenreiche und ausgedehnte Organismengemeinschaft. Sie erstreckt sich über mehr als 60 Kilometer Länge entlang des Kontinentalhangs.

Rund 500 Meter unter der Wasseroberfläche und in fast völliger Dunkelheit wachsen dort dichte Ansammlungen verschiedener Korallen, dazwischen Seeanemonen, Seesterne, Schwämme und andere Meerestiere. Unter den Korallen dominierten vor allem die Bäumchen-Weichkorallen (Nephtheidae), von denen die Forscher an vielen Stellen bis zu zehn Exemplare pro Quadratmeter beobachteten.

Zusammenfluss zweier Meeresströmungen

„Korallengärten sind Ansammlungen von einer oder mehreren Arten von meist nicht riffbildenden Korallen“, erklären Stephen Long vom University College London und seine Kollegen. „Je nach Lage dominieren dort Weichkorallen, Seefedern, schwarze Korallen oder Steinkorallen, auch Schwämme sind meist häufig.“ An manchen Stellen waren auch Seeanemonen oder Moostierchen die häufigste Art.

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Basis dieser Tiefsee-Lebensgemeinschaft bildet die günstige Mischung zweier Meeresströmungen: In diesem Küstengebiet treffen der warme, salzige Irminger-Strom und der kältere, weniger salzige Ostgrönlandstrom aufeinander, wie die Wissenschaftler erklären. Hinzu kommt, dass die häufig durch dieses Gebiet schwimmenden Eisberge Nährstoffe und Sediment vom Gletschergrund ins Meer tragen.

Weitgehend unerforscht und dennoch bedroht

Nach Ansicht von Long und seinem Team demonstriert diese Entdeckung, wie wenig wir bislang über die Tiefsee und auch den Meeresgrund rund um Grönland wissen. „Grönlands Meeresgrund ist weitgehend unerforscht, obwohl wir wissen, dass es dort komplexe und vielfältige Habitate gibt, die zum Funktionieren des marinen Ökosystems beitragen“, sagt Koautor Martin Blicher vom Grönländischen Institut für Naturressourcen.

Gleichzeitig jedoch könnten viele dieser noch unerforschten Habitate bedroht sein. Denn wie die Forscher feststellten, scheinen auch einige der neu entdeckten Korallengärten schon durch Schleppnetzfischerei geschädigt zu sein. In den Bereichen, in denen Trawler fischen dürfen, waren einige dieser Lebensgemeinschaften deutlich verarmt. Einige Arten von Weichkorallen fehlten ganz, andere waren stark ausgedünnt.

„Es könnte sein, dass diese Korallengärten nur noch in den relativ schmalen Bereichen des Kontinentalhangs wachsen, die noch nicht dem Fischereidruck ausgesetzt waren“, so Long und seine Kollegen. Zwar seien die einzelnen Arten in diesen Korallengärten nicht selten oder vom Aussterben bedroht, ihre Gemeinschaft aber könnte ein seltenes und schützenswertes Habitat bilden. (in Frontiers in Marine Science, 2020; doi: 10.3389/fmars.2020.00460)

Quelle: University College London

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