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Chemie

Kleidung erkennt schädliche Gase

Textilfäden mit Indikatorfarbstoffen wechseln bei Gefahr in der Luft ihre Farbe

Warntextil
Textilfäden mit Indikatorfarbstoffen wechseln bei Anwesenheit bestimmter Gase ihre Farbe. © Rachel Owyeung/ Tufts University/ Nano Lab

Optische Warnung: Forscher haben Textilien entwickelt, die bei Gefahr in der Luft ihre Farbe wechseln. Speziell eingefärbte Fäden reagieren dabei auf die Anwesenheit schädlicher Gase wie Ammoniak oder Chlorwasserstoff. Ausgelöst wird die optische Warnung durch eine Konformationsänderung des ins Textil integrierten Indikatorfarbstoffs. Wie das Team berichtet, lassen sich auf diese Weise selbst geringe Konzentrationen gesundheitsgefährdender Substanzen nachweisen.

Ob in Fabriken oder Chemielaboren, bei Feuerwehr- oder Militäreinsätzen: Es gibt eine Vielzahl von Arbeitsplätzen und Situationen, in denen Menschen potenziell schädlichen Gasen ausgesetzt sein können. Solche Gesundheitsgefahren rechtzeitig zu erkennen, ist für den Schutz der Betroffenen extrem wichtig. Aus diesem Grund haben sich Forscher und Entwickler in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl von Lösungen für die Detektion gasförmiger Substanzen einfallen lassen, zum Beispiel elektronische Gassensoren.

Eine etwas andere Methode, gefährliche Stoffe in der Luft zu erkennen, haben nun Rachel Owyeung von der Tufts University in Medford und ihre Kollegen entwickelt. Ihre Idee: Was wäre, wenn sich eine potenzielle Bedrohung einfach an der Kleidung ablesen ließe? So könnten mit Indikatorfarbstoffen eingefärbte Textilfasern bei Anwesenheit bestimmter Gase ihre Farbe wechseln – ähnlich wie die bekannten Papierstreifen, die je nach pH-Wert eine andere Couleur annehmen.

Indikatorfarbstoff im Textil

Ob dieses Prinzip tatsächlich funktioniert, testeten die Wissenschaftler mithilfe der Indikatoren Methylrot, Bromthymolblau und dem Mangan-basierten Farbstoff MnTPP. Letztere reagieren chemisch auf die Anwesenheit von Ammoniak, während Methylrot Chlorwasserstoff in der Luft anzeigen kann, wie das Team berichtet.

Für ihren textilen Gassensor mussten Owyeung und ihre Kollegen die Farben zunächst in Textilfäden integrieren. In einem dreischrittigen Prozess färbten sie die Fasern ein und versiegelten sie mit Polydimethylsiloxan (PDMS). Diese spezielle Beschichtung verhindert das Auswaschen der Farbstoffe, ist für gasförmige Substanzen aber durchlässig.

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Farbwechsel durch Konformationsänderung

Doch wie funktioniert die optische Warnung mittels dieser Textilien nun genau? Bei den Farbstoffen löst die Anwesenheit des jeweiligen Gases eine Konformationsänderung aus – und mit dieser Veränderung der chemischen Struktur geht ein Farbwechsel einher. Im Falle von Bromthymolblau findet durch die Abspaltung eines Protons und die Bildung einer Sulfonatgruppe zum Beispiel ein Farbumschlag von gelb zu blau statt.

Wie die Forscher berichten, verändert sich die Farbe abhängig von der Konzentration der Gase. Die Farbänderung kann dabei bereits mit bloßem Auge erkannt werden. Präzisere Aussagen über das Ausmaß der Bedrohung sind darüber hinaus mithilfe einer einfachen Smartphone-Kamera möglich: Sie erkennt subtilere Farbnuancen als das menschliche Auge.

Warnfunktion für jedermann

Tests zeigten, dass die Gassensoren im Textil selbst geringe Ammoniak- und Chlorwasserstoffkonzentrationen von 50 parts per Million (ppm) erkennen. Damit ist bewiesen: Kleidung könnte in Zukunft tatsächlich mit einer nützlichen Warnfunktion ausgestattet werden. „Unsere Methode lässt sich für eine Vielzahl von Farbstoffen anwenden, sodass ganz unterschiedliche Gase erkannt werden können“, erklärt Owyeungs Kollege Sameer Sonkusale.

Zwar sind die textilen Gassensoren nicht so präzise wie moderne elektronische Sensoren zur Detektion flüchtiger Subtanzen. Sie haben aber durchaus Vorteile: So ist die Gefahr unmittelbar zu erkennen und es sind weder hochtechnische Geräte nötig, noch braucht es speziell geschultes Personal für ihren Einsatz. Die neue Technologie könnte somit für Arbeitskräfte in allen möglichen Bereichen zum Einsatz kommen – auch dort, wo die Ressourcen eher knapp sind, wie das Team betont. (Scientific Reports, 2019; doi: 10.1038/s41598-019-42054-8)

Quelle: Tufts University

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