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Umwelt

Kinderspielzeug zu hoch belastet

Experten warnen: EU-Spielzeugrichtlinie zu lasch

Kinderspielzeug - noch immer zu viel Gift? © SXC

Kinderspielzeug und Kinderschmuck sind in Deutschland mit viel zu hohen Konzentrationen an gefährlichen Schadstoffen belastet. Das kritisieren jetzt erneut Umweltwissenschaftler und Produktprüfer. Der Grund: Die Grenzwerte der EU-Spielzeugrichtlinie sind vielfach zu hoch, die enthaltenen Mengen an Schwermetallen und krebsverursachenden PAK können bereits Gesundheitsschäden auslösen. Der oft bleihaltige Kinderschmuck ist zudem überhaupt nicht erfasst.

Mit der EU-Spielzeugrichtlinie aus dem Jahr 2009, die jetzt in nationales Recht umgesetzt werden soll, wollte die Europäische Union Spielzeug sicherer machen und Kinder besser schützen. Doch Experten kritisieren die Regelung als zu lasch und warnen vor giftigen Inhaltsstoffen, die von der Richtlinie entweder gar nicht erfasst werden oder aber deren Grenzwerte zu hoch angesetzt wurden.

„Die zulässige Mengen sowohl an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) als auch an Schwermetallen liegen weit über dem vertretbaren Maß und sind unverantwortlich“, warnt Professor Klaus Kümmerer von der Leuphana Universität Lüneburg. Der Umweltwissenschaftler kritisiert damit die jüngste EU-Richtlinie zu den Sicherheitsanforderungen für Spielzeug scharf. Betroffene Kinder, die mit stark belastetem Spielzeug in Berührung kommen, würden nach seiner Einschätzung einer Gefahr ausgesetzt, die etwa dem Konsum von 40 Zigaretten nacheinander entspreche.

Allergien und Verhaltensauffälligkeiten als Folge

„Gerade die im Spielzeug enthaltenen krebsverursachenden PAK zeigten ihre Wirkung oft erst nach Jahrzehnten. Ein Zusammenhang zu der Vergiftung im Kindesalter sei dann nicht mehr nachweisbar. Kümmerer warnte auch vor unkalkulierbaren Risiken, die von Schwermetallen ausgehen: „Es gibt Grund zu der Annahme, dass diese Stoffe bei den Kindern zu Verhaltensauffälligkeiten führen können.“ Gefährlich sind laut Kümmerer ebenfalls die zahlreich eingesetzten Duftstoffe in Spielzeugen. Von ihnen gehe ein hohes Allergierisiko aus. „Duftstoffe in Spielsachen dienen ausschließlich der Verkaufsförderung. Sie sind absolut überflüssig und sollten deshalb verboten werden“, fordert der

Experte.

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Kinderschmuck enthält oft große Mengen Blei

Ähnlich belastet ist auch Kinderschmuck, wie Umweltforscher immer wieder feststellen: Das niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat in den letzten Jahren knapp 250 in Deutschland vermarktete Kinderschmuckartikel auf ihren Bleigehalt geprüft. „Fast 30 Prozent davon wiesen Bleikonzentrationen auf, die über den in den USA geltenden Höchstwerten lagen“, erklärt Oliver Schmidt, staatlicher Produktprüfer, gegenüber dem ARD-Magazin „Monitor. In einem Fall lag der Bleigehalt eines Kettenanhängers bei rund 68 Prozent.

„Verbraucher haben keine Chance, den hohen Bleigehalt der Schmuckstücke zu erkennen, weil sie meistens verchromt oder kindgerecht gefärbt sind.“. In den USA ist 2006 ein vierjähriger Junge nach dem Verschlucken eines bleihaltigen Kettenanhängers durch eine Bleivergiftung gestorben. In der neuen EU-Spielzeugrichtlinie ist Kinderschmuck jedoch ausdrücklich ausgenommen.

Auf Nachfrage erklärt eine Sprecherin der Generaldirektion „Unternehmen und Industrie“ der Europäischen Kommission, es reiche aus, dass Kinderschmuck der „Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit“ folgen müsse. Dies sehen deutsche Produktprüfer als nicht ausreichend an: „Das ist für uns nicht verständlich, denn in dieser Richtlinie ist kein Grenzwert für Blei in Kinderschmuck vorgeschrieben“, erklärt Produktprüfer Schmidt.

(WDR/ Leuphana Universität Lüneburg, 13.12.2010 – NPO)

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