Menschen kennen die Vorlieben ihres Partners offenbar umso weniger, je länger ihre Beziehung dauert. Zu diesem unerwarteten Ergebnis sind jetzt Baseler Psychologen in einer neuen Studie im Fachjournal „Journal of Consumer Psychology“ gekommen.
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Darin hatten 58 ältere und jüngere Paare die Vorlieben und Abneigungen ihres Partners in drei Bereichen vorherzusagen – und dabei trafen Jüngere häufiger ins Schwarze als die Senioren.
Vorlieben und Abneigungen auf der Spur
Ob langjährige Paare in ihren Kenntnissen über den anderen mit der Zeit näher zusammenrücken, wollte das Team um Benjamin Scheibehenne und Jutta Mata von der Universität Basel wissen. Sie befragten 38 Paare, die erst seit wenigen Jahren, und 20 Paare, die seit über vierzig Jahre zusammenleben, über die Vorlieben und Abneigungen des jeweiligen Partners.
Ausgewertet wurden 118 Antworten zu den drei Bereichen „Essen“, „Filme“ und „Küchenmöbel“, wobei vier Beurteilungsstufen – von „Mag er/sie überhaupt nicht“ bis „Mag er/sie sehr“ – möglich waren.
Die Genauigkeit der Vorhersagen über die Partner betrug den Wissenschaftlern zufolge durchschnittlich 40,2 Prozent, wobei die älteren Paare mit 36,5 Prozent deutlich schlechter abschnitten als die jüngeren mit 42,2 Prozent. Dies überraschte die Forscher, da die Älteren im Verlauf ihrer Beziehung doch viel mehr Zeit und Möglichkeiten hatten, mehr über die Präferenzen des anderen zu erfahren.
Schlechtere Trefferquote von Seniorenpaaren
Unabhängig von Alter war zudem die Genauigkeit der Vorhersage umso besser, je relevanter der Bereich im Alltag ist, lag also beim Essen höher als bei den Filmen oder gar den Küchenmöbeln. Auch sehr starke Vorlieben und Abneigungen wurden hier besser vorausgesagt.
Für die schlechtere Treffgenauigkeit der Seniorenpaare gibt es vermutlich mehrere Gründe: So verbessern sich nach Ansicht der Psychologen Menschen in der Kenntnis ihres Partners nur am Anfang ihrer Beziehung, wenn sie am stärksten motiviert sind, ihn kennenzulernen. Weiter könnte sich das Wissen über den anderen mit den Jahren deshalb verschlechtern, weil man sich in seiner Beurteilung des anderen vertraut und Änderungen seiner Einstellungen weniger bemerkt.
Darüber hinaus wäre es den Wissenschaftlern zufolge möglich, dass für Menschen in langjährigen Beziehungen ein objektives Bild des Partners gar nicht besonders wichtig ist: Um die Partnerschaft zu erhalten, wird das Gegenüber als idealer oder als ähnlich zu einem selbst angesehen, sodass man über dessen tatsächliche Präferenzen wenig weiß.
Menschen übertragen ihre eigenen Präferenzen auf andere
Ein weiteres Ergebnis der Studie war, dass jene Paare die genauesten Vorhersagen abgaben, bei denen die Vorlieben beider Partner ähnlich waren. Dies könnte laut den Forschern darauf zurückzuführen sein, dass Menschen ihre eigenen Präferenzen oft auf jene des Anderen übertragen.
Die geringere Vorhersagegenauigkeit der älteren Paare wird damit aber nicht erklärt, denn diese waren sich in ihren Vorlieben sogar etwas ähnlicher als jüngere, so die Forscher.
(idw – Universität Basel, 18.10.2010 – DLO)