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Psychologie

Ist Mona Lisas magischer Blick nur ein Mythos?

Mona-Lisa-Effekt trifft auf da Vincis Gemälde offenbar gar nicht zu

Mona Lisa
Forscher wollen Mona Lisas magischen Blick als Legende enttarnt haben. © historisch / Louvre

Faszinierender Blick: Wenn Betrachter eines Portraits den Eindruck haben, die Augen der abgebildeten Person würden ihnen folgen, spricht man vom „Mona-Lisa-Effekt“. Doch nun stellt sich heraus: Ausgerechnet auf die namensgebende Frau aus da Vincis berühmten Gemälde trifft dieser Effekt womöglich gar nicht zu. Demnach sind die Augen der Gioconda zu weit nach rechts gerichtet, um dem Betrachter gefühlt überall hin zu folgen.

Die Mona Lisa von Leonardo da Vinci ist eines der berühmtesten Gemälde der Welt – die auf dem Ölbild dargestellte Frau zieht jeden Betrachter unwillkürlich in ihren Bann. Neben ihrem rätselhaften Lächeln soll vor allem ihr magischer Blick ein Grund für diese Faszination sein. Denn die Gioconda scheint Betrachtern mit ihren Augen zu folgen, heißt es. Demnach blickt sie uns stets an, egal ob wir frontal vor ihr stehen oder nicht.

„Menschen können bei Gemälden das Gefühl haben, angesehen zu werden – und zwar dann, wenn die abgebildete Person geradeaus aus dem Bild schaut, das ist ein Blickwinkel von null Grad“, erklärt Gernot Horstmann von der Universität Bielefeld das Phänomen. „Auch bei einem leicht seitlichen Blick fühlt man sich gerade noch angesehen. Erst wenn die Blickrichtung um mehr als fünf Grad abweicht, fühlt man sich nicht mehr angeschaut.“

Blickrichtung auf dem Prüfstand

Mona Lisas Blick
Für ihre Untersuchung haben die Forscher Zollstöcke als Skala verwendet. Die Versuchspersonen gaben an, über welche Zahl Mona Lisa ihrer Ansicht nach hinwegschaut. © CITEC/ Universität Bielefeld

Wissenschaftler sprechen bei diesem Phänomen vom „Mona-Lisa-Effekt“. Doch erfüllt die Gioconda tatsächlich die Kriterien für den nach ihr benannten Effekt? Um das zu überprüfen, haben Horstmann und seine Kollegen nun untersucht, wie Menschen die Blickrichtung der geheimnisvollen Frau einstufen. Dazu baten sie 24 Testpersonen, die Mona Lisa auf einem Bildschirm zu betrachten.

Im Experiment saßen die Teilnehmer frontal vor dem Monitor und sollten mithilfe der Skala eines Zollstocks, der sich quer vor dem Bildschirm befand, angeben, wohin der Blick der Mona Lisa gerichtet ist. Um zu testen, ob einzelne Merkmale von Monas Lisas Gesicht die Wahrnehmung beeinflussen, präsentierten die Forscher jeweils 15 unterschiedliche Ausschnitte des Portraits. Jeder Ausschnitt wurde in zufälliger Reihenfolge drei Mal gezeigt. Außerdem veränderte das Team nach der Hälfte jedes Bilddurchlaufs den Abstand des Zollstocks vom Monitor.

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Falsch benannter Effekt

Insgesamt sammelten Horstmann und seine Kollegen so mehr als 2.000 Einschätzungen. Das überraschende Ergebnis: Fast alle verorteten die Blickrichtung nicht geradeaus, sondern rechts aus Sicht des Betrachtenden. „Die Testpersonen unserer Studie haben den Eindruck, dass der Blick der Mona Lisa aus Sicht des Betrachtenden nach rechts gerichtet ist. Der Blickwinkel liegt bei 15,4 Grad“, sagt Horstmann. Damit ist für den Forscher klar: „Der Begriff Mona-Lisa-Effekt ist ein Misnomer – eine Falschbezeichnung.“ (Eye Perception, 2019; doi: 10.1177/2041669518821702)

Quelle: Universität Bielefeld

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