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Biologie

Ist das Reh die Frau vom Hirsch?

Umfrage zum Naturwissen von Kindern belegt Defizite

Bambi? © IMSI MasterClips

Was wissen deutsche Kinder über die Natur? Dies hat jetzt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa zum Kinostart von "Bambi 2 – Der Herr der Wälder" untersucht. Ergebnis: Zwar besitzen die meisten ein Basiswissen über einheimische Wildtiere, ein tiefergehendes Verständnis für die Zusammenhänge in der Natur ist dagegen kaum vorhanden. So meinen beispielsweise zwei Drittel der Kinder, dass das Reh die Frau vom Hirsch ist. Und auch die 13-Jährigen haben immer noch ein romantisches, waldzentriertes Naturbild.

Mehr als vier Fünftel der 7- bis 13-jährigen Kinder haben laut der von der Deutschen Wildtier Stiftung in Auftrag gegebenen Studie eine realistische Vorstellung, was Wildtiere – in Abgrenzung zu Haus- und Nutztieren – sind. Fast alle Befragten erkannten Fuchs, Reh und Feldhamster als Wildtiere. Ebenso wissen sie, welche Arten in Deutschland vorkommen, zum Beispiel Wasserfrosch, Rothirsch und Kreuzspinne. Die jüngste Altersgruppe (sieben bis acht Jahre) erzielte hierbei fast genauso gute Ergebnisse wie die elf bis 13-Jährigen. Doch schon bei etwas weiter gehenden Fragestellungen zeigten sich große Wissens- und Verständnislücken.

Verzerrtes Naturbild

So ist fast allen Kindern zwar bewusst, dass durch die Aktivitäten der Menschen Lebensräume von Wildtieren verloren gehen. Welche es davon in Deutschland gibt, ist jedoch weniger bekannt. Den Wald als Inbegriff heiler Natur erkennen 98 Prozent der 7- bis 13-Jährigen als Lebensraum für Wildtiere. Auf Äckern und in Flüssen werden sie dagegen deutlich seltener vermutet.

Dass ein Viertel der jungen Befragten den tropischen Regenwald und 20 Prozent Wüsten als Lebensräume in Deutschland angeben, ist nach Ansicht der Deutschen Wildtier Stiftung wohl auf die Dominanz exotischer Naturschutz-Themen in den Medien zurückzuführen. Auch im Hinblick auf die Gefährdungssituation bestehen unrealistische Einschätzungen: Als bedrohte Art wird genauso der häufiger vorkommende Rothirsch (40 Prozent) wahrgenommen wie der akut vom Aussterben bedrohte Feldhamster (43 Prozent).

Wildtiere in Städten sind der Mehrheit unbekannt

Nur eine Minderheit weiß, so die Umfrageergebnisse, dass Wildtiere auch in Städten und Dörfern vorkommen, obwohl zum Beispiel Großstädte wie München inzwischen als Gebiete mit der höchsten Artenvielfalt in Deutschland gelten. Doch das passt nicht in das vorherrschende idyllische Naturbild.

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Den als Kulturfolger mitten unter uns lebenden Spatz erkannten auf vorgelegten Bildern zudem deutlich weniger Kinder als einen Hirsch oder Specht. Dabei bekommt man den Rothirsch, der zurückgezogen in wenigen ausgewiesenen Rotwildgebieten lebt, in der Realität kaum zu Gesicht. Das vom visuellen Erkennen bestimmte Naturwissen wird offenbar in Kindergarten und Vorschule sowie aus den Medien erlernt und speist sich nicht aus eigenen Erlebnissen.

Bei Umweltbildung nicht nur Idylle vermitteln

Die Studienergebnisse decken sich mit den Erfahrungen aus Wildtierland, wo jährlich mehr als 1.000 Schüler an den Naturerlebnis-Angeboten der Deutschen Wildtier Stiftung teilnehmen. "Die jüngeren Kinder sind neugierig auf ihre Umgebung und deren Tierwelt, doch schon die 9-Jährigen zeigen anfangs oft Desinteresse. Entscheidend ist das unmittelbare Erleben der Natur mit allen Sinnen. Selbst bei pubertierenden 'Naturmuffeln' entwickelt sich ein nicht geahnter Wissensdurst, sobald man ihnen einen Frosch auf die Hand setzt.", so Dieter Martin, Leiter des Naturerlebnisprojekts Wildtierland.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Umweltbildung ist laut der Deutschen Wildtier Stiftung, den Kindern auf anschauliche Weise die Zusammenhänge in der Natur näher zu bringen. Daher sind bei den Naturerlebnisangeboten der Stiftung auch die Nutzungsansprüche der Menschen ein wichtiges Thema.

Das Reh ist nicht die Frau vom Hirsch

Fast zwei Drittel der Kinder sind der Meinung, das Reh sei die Frau vom Hirsch. Doch das stimmt nicht. Sie haben zwar ähnliche Lebensraumansprüche, gehören jedoch verschiedenen Unterfamilien an.

Doch um welche Tierarten handelt es sich eigentlich beim Filmhelden Bambi und seinem Vater? Der österreichische Autor Felix Salten schuf 1923 seine Figur Bambi, um die Geschichte eines kleinen Rehs zu erzählen. Nachdem Walt Disney Ende der 1930er Jahre die Filmrechte an Saltens Buch "Bambi" erworben hatte, wurde aus dem Rehkitz Bambi ein Weißwedelhirschkalb, da es auf dem amerikanischen Kontinent keine Rehe gibt. In der deutschen Synchronfassung des gleichnamigen Kinofilms blieb Bambi ein Reh-(Kitz), dessen Vater jedoch ein (Weißwedel-)Hirsch ist, was – zumindest im deutschen Sprachraum – für ein wenig Verwirrung sorgte.

(idw – Deutsche Wildtier Stiftung, 02.05.2006 – DLO)

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