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Biologie

Immer mehr Riffe ohne Haie

Knapp 20 Prozent der weltweiten Korallenriffe haben keine Haie mehr

Riffhai
In manchen Riffen bleiben die Haie trotz Köder inzwischen aus – hier ein Karibischer Riffhai an einer Köderkamera vor den Bahamas. © Andy Mann

Deutlicher Schwund: In vielen Riffen der Erde gibt es schon keine Haie mehr, wie Beobachtungen mit Köderkameras enthüllen. Von 371 Korallenriffen in 58 Ländern waren demnach knapp 20 Prozent nahezu haifrei. Das enthülle einen alarmierenden Verlust dieser Raubfische, die für die Ökologie der Riffe, aber auch für Tourismus und Fischerei wichtig seien, so die Forscher im Fachmagazin „Nature“.

Haie sind die Top-Prädatoren der Meere – und dies schon seit Jahrmillionen. Im Laufe ihrer Evolution haben sie vielfältige Anpassungen an ihre Lebensräume und ein oft komplexes Sozialverhalten entwickelt. Doch inzwischen müssen selbst die größten Fische des Ozeans um ihr Überleben kämpfen. Denn Überfischung, Meeresverschmutzung und Plastikmüll setzen den Raubfischen vielerorts zu.

Riffhaie
Hier gibt es sie noch: Graue Riffhaie vor der Unterwasserkamera in Französisch Polynesien. © Global Finprint

Ganze Riffe ohne Haie

Wie es um die Bestände der Haie in einer ihrer wichtigsten Kinderstuben und Lebensräume geht, haben nun Aaron MacNeil von der Dalhousie University im kanadischen Halifax und sein internationales Team untersucht. Dafür platzierten sie mehr als 15.000 automatische Videokameras in 371 Korallenriffen von 58 Ländern. Standardisierte Köder im Sichtfeld der Kameras sollten dafür sorgen, dort lebende Haie anzulocken.

Das Ergebnis: „Trotz unserer Annahme, dass Haie in allen Korallenriffen der Erde vorkommen müssten, haben wir in fast 20 Prozent der beobachteten Riffe keine Haie beobachten können“, berichten die Forscher. 63 Prozent der Kameras zeichneten keinen einzigen dieser Raubfische auf – trotz Köder und hunderten Stunden Beobachtungszeit.

„Das deutet darauf hin, dass es einen weitreichenden Verlust von Riffhaien in großen Teilen der tropischen Ozeane gibt“, sagen MacNeil und seine Kollegen.

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Größte Gefahr sind Stellnetze und Langleinen

In Bezug auf die Haibestände gibt es jedoch große regionale Unterschiede: Besonders drastisch war das Fehlen von Haien in den Riffen Qatars, der Dominikanischen Republik, Vietnams, Kenias, der Niederländischen Antillen und der westindischen Inseln, wie die Wissenschaftler feststellten. In diesen Gebieten sichtete sie in mehr als 800 Stunden der Beobachtung insgesamt nur drei Haie. Auch in den Riffgebieten Indiens, Japans, Brasiliens oder Brasiliens gibt es kaum noch Haie.

Die Forscher führen dies darauf zurück, dass die Fischerei in diesen Ländern kaum kontrolliert wird und es auch keine oder nur wenige Schutzgebiete und damit Rückzugsmöglichkeiten für Haie gibt. „Die Nutzung von Stellnetzen und Langleinen hatten den stärksten negativen Effekt auf die relative Häufigkeit von Riffhaien“, berichten MacNeil und sein Team. Wo eine oder beide Fangmethoden erlaubt sind, führte die zu einer Verringerung der Haibestände um im Schnitt 36 Prozent.

Positiv-Beispiele machen Hoffnung

Doch es gibt auch positive Beispiele: In den Gewässern der Bahamas, Australiens, Neuseelands, der Seychellen und auch der Malediven sind die Korallenriffe noch relativ haireich, wie die Kameraaufnahmen zeigten. Die Forscher führen dies darauf zurück, dass in diesen Ländern und Regionen zahlreiche Meeresschutzgebiete existieren und auch die Fischerei teilweise reguliert ist.

„Während die Ergebnisse einen tragischen Verlust von Haien aus vielen Korallenriffen der Welt aufdecken, zeigen sie uns auch Zeichen der Hoffnung“, kommentiert Jody Allen von der Paul G. Allen Family Foundation. „Die Daten dieser ersten weltweiten Hai-Bestandsaufnahme in Korallenriffen kann nun dazu beitragen, die noch verbliebenen Riffhaie besser zu schützen.“ (Nature, 2020; doi: 10.1038/s41586-020-2519-y)

Quelle: Global FinPrint

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