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Medizin

HI-Virus bei der Geburt beobachtet

Erster Live-Blick auf die Entstehung eines Virions

Neuer HIV-Virus beim Austritt aus der Zelle © CC 2.0

Ein Virologe und ein Biophysiker waren die ersten Zeugen der Geburt eines neuen HI-Virus. Mithilfe eines von ihnen entwickelten Spezialmikroskops beobachteten sie live und in Farbe, wie hundertausende von Molekülen sich in einer lebenden Zelle zu einem einzelnen Viruspartikel verbanden, dem Virus, dass in weniger als 25 Jahren mehr als 25 Millionen Menschen getötet hat.

Im Gegensatz zu einem klassischen Lichtmikroskop, bei dem Licht durch eine Probe hindurch scheint, beleuchtet die neuen Technik, interne Reflexionsmikroskopie genannt, nur die Oberfläche der beobachteten Zelle. Der HIV-Experte Paul Bieniasz und sein Kollege, der Biophysiker Sandy Simon, arbeiteten seit 1992 an der Entwicklung dieser Technologie, bei der das Licht in einem schrägen Winkel auf die Probe strahlt und so Details plastisch heraus modelliert. In einer jetzt in „Nature“ veröffentlichten Studie berichten sie über ihre bahnbrechenden ersten Beobachtungen.

Fünf Minuten für den Zusammenbau

„Da das Geschehen im Inneren der Zelle nicht beleuchtet wird, kann man sich auf das konzentrieren, an dem man interessiert ist und genau den Moment des Geschehens abpassen“, erklärt Simon. Auf diese Weise gelang es den Forschern auch, erstmals überhaupt festzustellen, wie lange ein Virion, ein Viruspartikel benötigt, um aus seinen einzelnen Bauteilen zusammengesetzt zu werden: „zuerst hatten wir keinen Idee ob es Millisekunden oder Stunden dauert“, so Nolwenn Jouvenet, Mitarbeiter der Studie. „Wir wussten es einfach nicht.“

Dank ihrer Beobachtungen ist es jetzt jedoch klar. Etwa fünf bis sechs Minuten braucht die vom Virus gekaperte Wirtszelle, um ein neues Virion zusammenzubauen. „Das ist das erste Mal, dass jemand gesehen hat, wie ein Viruspartikel geboren wird“, so Bieniasz. „Und nicht nur ein HIV-Virion, sondern überhaupt irgendein Virus.“

Farbstoff verrät Virionenentstehung

Um sicherzustellen, dass sie tatsächlich das Zusammenbauen eines Virions beobachteten und nicht nur das Austreten der fertigen Virionen aus der Wirtszelle, markierten sie ein Virusprotein, Gag, mit einem Fluoreszenzfarbstoff, der seine Farbe ändert, wenn es im Virion eingebaut wird. Es zeigte sich, dass die Proteine zunächst aus dem Inneren der Zelle an deren Oberfläche wandern und sich dort verbinden. Gleichzeitig wölbt sich die Zellmembran nach außen und beginnt, ein Virion abzuschnüren. Zu diesem Zeitpunkt, das ergaben die Beobachtungen, ist das Virion bereits eine eigenständige Einheit und steht nicht mehr im Austausch mit der Zellmaschinerie.

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„Der Nutzen dieser Technik ist nahezu unbegrenzt“, so Jouvenet. „Jetzt, wo wir tatsächlich einem Virus bei der Geburt zuschauen können, gibt uns das auch die Möglichkeit, einige der zuvor unbeantworteten Fragen zu klären, nicht nur in der Virologie aber auch allgemein.” Nach Ansicht der Forscher könnte ihre Technologie unter anderem bei der Entwicklung neuer Therapien gegen Aids nützlich sein.

(Rockefeller University, 27.05.2008 – NPO)

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