Züricher Forscher haben die chronische Aktivierung eines Rezeptors als mögliche Triebfeder der fortschreitenden Immunschwäche nach einer Infektion mit HIV identifiziert. Seine Blockierung könnte die chronische Aktivierung möglicherweise verhindern und sich günstig auf den Verlauf einer HIV-Infektion auswirken, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Blood“.
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Eine Ansteckung mit HIV führt zu einer fortschreitenden Immunschwäche, die schließlich gegenüber banalen Infekten anfällig macht. Dieses fortgeschrittene Stadium ist als Acquired Immunodeficiency Syndrome (Aids) bekannt. Eine chronische Aktivierung des Immunsystems gilt als eine der Hauptursachen von Aids. Die Mechanismen, die zu dieser chronischen Immunaktivierung führen, sind jedoch bisher nur teilweise verstanden. Eine Studie, die an der Klinik für Infektionskrankheiten des Universitätsspitals Zürich durchgeführt wurde, hat nun Licht in das Dunkel gebracht.
Toll-like Rezeptoren spüren Viren und Bakterien auf
Das Abwehrsystem bedient sich so genannter Toll-like Rezeptoren (TLR), um sich gegen Mikroorganismen zu wehren. Diese TLR erkennen Strukturen von Mikroorganismen, zum Beispiel von Viren oder Bakterien. Wenn eine Abwehrzelle dank den TLRs einen Erreger erkennt, wird sie aktiviert und kann dann Abwehrmechanismen gegen die Mikroben einleiten. TLR7 erkennt nun spezifisch die Erbsubstanz von HIV. HIV ist in Patienten ständig vorhanden und wird in unbehandelten Patienten in großen Mengen produziert.
Die Forscher um Dr. Roberto Speck stellten nun die Hypothese auf, dass die dauerhafte Stimulierung von TLR7 durch HIV eine direkte Ursache der fortschreitenden Immunschwäche ist. In ihrer Studie behandelten die Wissenschaftler Mäuse über mehrere Wochen mit synthetisch hergestellten Teilen von HIV oder mit TLR7-stimulierenden Substanzen und untersuchten anschließend deren Wirkung auf das Immunsystem.
Neuer therapeutischer Ansatz?
Tatsächlich zeigte sich, dass eine chronische Stimulation von TLR7 in Mäusen zu einer ähnlichen Aktivierung und Störung des Immunsystems führt, wie sie im HIV-Patienten beobachtet wird. Die direkte und ständige Stimulation von TLR7 durch HIV scheint somit eines der Schlüsselelemente in jenem Mechanismus zu sein, der zur fortschreitenden Immunschwäche führt.
Daten aus Mausexperimenten müssen zwar mit Vorsicht hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf den Menschen interpretiert werden. Eine Studie, die kürzlich in „Nature Medicine“ veröffentlicht wurde, kam mit Affen aber zu der gleichen Schlussfolgerung wie das Team um Speck.
Auch diese zeigte, dass die Aktivierung über TLR7 eine Schlüsselrolle in der chronischen Aktivierung in der HIV-Krankheit einnimmt, die schließlich zu einem Zusammenbruch des Immunsystems führt. Die Blockierung dieser TLR7-vermittelten Signalkaskade könnte deshalb einen neuen therapeutischen Ansatz in der HIV-Erkrankung darstellen.
(Universität Zürich, 20.11.2008 – DLO)