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Genetik

Herzfehler: Gendefekt sorgt für Zellenmangel

Molekulare Ursache für angeborene Herzerkrankungen entdeckt

Dreidimensionale Aufnahme eines Mäuseherzens. RK und LK bezeichnen die rechte und die linke Herzkammer; RV und LV stehen für die jeweiligen Vorhöfe. SW kennzeichnet die Herzscheidewand zwischen den Kammern, die nicht vollständig geschlossen ist. © E. Lang und A. Fischer

Angeborene Herzfehler beruhen oft auf Defekten bei bestimmten Genen. Welche Mechanismen auf molekularer Ebene dafür genau verantwortlich sind, war bisher unbekannt. Jetzt sind Forscher der Universität Würzburg dabei einen entscheidenden Schritt weiter gekommen. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Circulation Research.

Etwa eines von hundert Neugeborenen kommt heutzutage mit einem Herzfehler auf die Welt. Kein Wunder, dass Wissenschaftler auf der ganzen Welt schon seit langem intensiv nach möglichen Verantwortlichen suchen. Auch das Biozentrum der Universität Würzburg war und ist an dieser Suche beteiligt.

Vor etwa zehn Jahren konnten am Lehrstuhl für Physiologische Chemie I Manfred Gessler und seine Mitarbeiter drei Gene identifizieren, die bei der Entwicklung des Herzens in der Embryonalzeit eine wichtige Rolle spielen: Hey1, Hey2 und HeyL. Sind eines oder mehrere dieser drei defekt, kann das Herz nicht planmäßig wachsen – die Herzscheidewand schließt sich nicht vollständig und die Herzklappen funktionieren nur fehlerhaft. Der exakte Weg vom Gen zum missgebildeten Herz war jedoch lange unklar. Erst vor kurzem gelang es der Gruppe, die Details auch auf molekularer Ebene aufzudecken.

Zu wenige Zellen auf Wanderschaft

„Arbeiten eines oder mehrere Gene aus der Hey-Gruppe nicht oder nur fehlerhaft, bilden sich im Herzen des Embryo zu wenig mesenchymale Zellen“, erklärt Manfred Gessler die entscheidende Entdeckung. Diese Zellen bilden sozusagen das embryonale Bindegewebe. Im Laufe einer regulären Embryonalentwicklung wandern sie in großer Zahl aus der Herzinnenauskleidung heraus und bilden später Herzklappen und Teile der Herzscheidewand. Träger des Gendefekts schicken zu wenige Zellen auf die Wanderschaft; das Gewebe wächst unvollständig heran.

Um diesen Nachweis führen zu können, mussten Gessler und sein Mitarbeiter Andreas Fischer Hilfe auch außerhalb des Biozentrums in Anspruch nehmen. Vom Graduiertenkolleg „Organogenese“ der Universität Würzburg war Esra Lang gefragt. Am Lehrstuhl für Biophysik von Professor Peter Jakob war Lang dafür zuständig, mittels Magnetresonanz-Tomographie detailreiche, dreidimensionale Abbildungen von den Herzen der Mäuseembryonen zu erzeugen. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass ein Herz in diesem Entwicklungsstadium kaum einen Millimeter groß ist.

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Super-Magnet im Einsatz

Möglich wurden die Aufnahmen unter anderem, weil in Würzburg ein Super-Magnet steht, dessen Magnetfeld mehrere hunderttausend Mal stärker ist als das der Erde. „Das ist das Beste, was es zurzeit gibt“, sagt Gessler. Unterstützung kam auch aus dem Rudolf-Virchow-Zentrum: Dort arbeitet Professor Peter Friedl mit einem Mikroskop, das die Aufnahme von Langzeit-Videofilmen im mikroskopischen Bereich erlaubt. Mit Hilfe dieser Technik konnten die Wissenschaftler in einer Art Zeitraffer-Film sichtbar machen, welche Gendefekte die Wanderschaft der mesenchymalen Zellen wie stark reduziert.

„Wir konnten mit unseren Untersuchungen nachweisen, dass ein bestimmter Signalweg, für den die Hey Gene verantwortlich sind, essentiell ist, um die betroffenen Strukturen im Herz zu bilden“, erklärt Gessler die Bedeutung seiner Arbeit.

Vollständig gelöst ist das Rätsel damit allerdings noch nicht: Hey-Gene regulieren genau genommen nämlich nur die Aktivität anderer Gene. Was also auf dem Weg von Hey zur Zellwanderung passiert, läuft für den Wissenschaftler zum Teil noch immer in einer „Blackbox“ ab. Logisch, dass dies der nächste Schritt ist, den Gessler und seine Arbeitsgruppe aufklären wollen.

(idw – Universität Würzburg, 19.03.2007 – DLO)

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