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Ökologie

Hauskatzen als Gefahr für die Tierwelt?

Jagende Stubentiger bedrohen wildes Leben in der Nachbarschaft

Hauskatze
Egal wie verschmust sie sind: In jeder Hauskatze steckt ein Raubtier. © Ornitolog82/ iStock.com

Unterschätzte Jäger? Jagende Hauskatzen könnten die lokalen Wildtierpopulationen stärker bedrohen als gedacht. Wie eine Studie enthüllt, haben die Stubentiger einen größeren Einfluss auf die Ökosysteme vor ihrer Haustür als dort heimische wilde Raubtiere. Die Gründe dafür sind unter anderem ihr sehr kleines Jagdrevier und die hohe Dichte der Hauskatzen.

Katzen gehören zu den beliebtesten Haustieren überhaupt. Viele Menschen schätzen die Stubentiger vor allem wegen ihres besonderen Charakters. So können die Tiere zwar verschmust sein und eine enge Bindung zu ihrem Halter aufbauen – trotzdem sind sie meist weniger anhänglich als etwa Hunde und machen gerne ihr eigenes Ding. Ein Grund dafür findet sich in der Domestikationsgeschichte der Hauskatze. Felis silvestris catus ist nur halb domestiziert und ihren wilden Verwandten, den Wildkatzen, genetisch sehr ähnlich.

Jagdverhalten im Blick

Bis heute steckt in jedem Stubentiger daher eine gute Portion Wildheit – und das bedeutet auch, dass ein Urinstinkt der Tiere noch immer stark ausgeprägt ist: das Jagen. Naturschützer beäugen diese Eigenschaft der Haustiere kritisch. Sie befürchten, dass deren Geschmack für Mäuse, Vögel und anderes Kleingetier einen negativen Effekt auf die lokalen Ökosysteme hat.

„Einige Schätzungen gehen davon aus, dass Hauskatzen allein in Nordamerika zehn bis 30 Milliarden Wildtiere pro Jahr töten. Doch auf welcher Fläche dies geschieht oder wie groß ihr Einfluss im Vergleich zu wilden Raubtieren ist, war unklar“, erklärt Roland Kays von der North Carolina State University in Raleigh.

Hauskatze mit GPS-Tracker
Mit GPS-Trackern verfolgten die Forscher die Bewegungen der Stubentiger. © Roland Kays

Kleines Revier, großer Effekt

Wie groß also ist die ökologische Bedeutung der Hauskatzen als Jäger wirklich? Um dies herauszufinden, haben Kays und sein Team mit Katzenbesitzern in sechs Ländern zusammengearbeitet. Sie sollten dokumentieren, wie viel Beute ihre Tiere nach Hause brachten. Zudem wurden mithilfe von GPS-Trackern die Streifzüge der Freigänger-Katzen aufgezeichnet. Insgesamt erhielten die Forscher auf diese Weise Daten von 925 Hauskatzen – die meisten kamen dabei aus den USA, Großbritannien, Australien und Neuseeland.

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Die Auswertungen enthüllten: Pro Monat erlegten die Katzen ihren Haltern zufolge im Schnitt 3,5 Kleintiere. Die meisten Stubentiger gingen dabei in einem relativ kleinen Radius von 100 Metern rund um ihr Zuhause auf die Jagd. Auf Basis dieser Daten berechneten Kays und seine Kollegen die pro Jahr gemachte Beute. Dabei berücksichtigten sie auch, dass nicht jedes getötete Tier von den Katzen nach Hause gebracht wird.

Schlussendlich kamen sie dadurch auf folgende Schätzung: Jede Hauskatze tötet pro Jahr und pro 100 Hektar durchschnittlich zwischen 14,2 und 38,9 Beutetiere.

Mehr Einfluss als wilde Räuber

Das Frappierende: Bezogen auf eine gegebene Fläche haben die Freigänger-Hauskatzen damit einen größeren Einfluss auf die Wildtierpopulationen als wilde Raubtiere von vergleichbarer Größe – zum Beispiel verwilderte Katzen oder Füchse. „Weil die Hauskatzen zusätzlich gefüttert werden, töten sie pro Tag zwar weniger Tiere als wilde Jäger. Ihre Reviere sind aber so klein, dass sich der Effekt verstärkt. Hinzu kommt die hohe Dichte von Hauskatzen in manchen Gegenden“, erklärt Kays.

„Als Folge haben Hauskatzen einen zwei- bis zehnfach höheren Einfluss auf die Tierwelt vor unserer Haustür als wilde Raubtiere – ein bemerkenswerter Effekt“, konstatiert der Forscher. Katzen sind demnach nicht nur dann gefährliche Räuber, wenn sie verwildert sind oder in Gebiete eingeschleppt werden. Sie beeinflussen die Populationen von Vögeln, Nagern und Co auch dann, wenn sie als Hauskatze beim Menschen leben und nur vorübergehend auf Jagdtour gehen.

Unbeabsichtigter Rückgang der Artenvielfalt

Mit seiner Liebe zu den Stubentigern trägt der Mensch somit unbeabsichtigt zum Rückgang der Artenvielfalt, vor allem in dicht besiedelten Gebieten, bei. „Der negative Einfluss der Katzen ist so lokal, dass dies dazu führt, dass positive Aspekte von Wildtieren gerade dort weniger zum Tragen kommen, wo wir sie am meisten schätzen würden – sei es das angenehme Zwitschern der Vögel oder der nützliche Effekt von Eidechsen auf Schädlinge“, sagt Kays‘ Kollege Rob Dunn.

„Menschen erfreuen sich an Artenvielfalt. Aber indem wir unsere Katzen nach draußen lassen, haben wir eine Welt geschaffen, in der solche Freuden immer seltener erlebt werden können“, so Dunns Fazit. (Animal Conservation, 2020; doi: 10.1111/acv.12563)

Quelle: North Carolina State University

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