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Zoologie

Große Winkelspinne Spinne des Jahres 2008

Arachnologische Gesellschaft kürt Tegenaria atrica

Die Große Winkelspinne - Tegenaria atrica © Peter Jäger, Forschungsinstitut Senckenberg

Unter den Winkelspinnen ist sie die „Große“. Oft hockt sie tagsüber lange Zeit völlig reglos in ihrer trichterförmigen Wohnröhre, die sich in Ecken und Winkeln menschlicher Wohnungen befindet. Gestern nun wurde die Große Winkelspinne Tegenaria atrica von der Arachnologischen Gesellschaft (AraGes) im Forschungsinstitut Senckenberg zur Spinne des Jahres 2008 gekürt.

Da nicht alle Tegenaria-Arten in jedem Land vorkommen, wurde erstmals die gesamte Gattung Tegenaria europaweit in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit gestellt und wird – je nach Verbreitungsgebiet – von verschiedenen Arten repräsentiert.

Fast jeder ist ihr irgendwann schon begegnet: Groß, dunkel, langbeinig und behaart taucht der Achtbeiner immer wieder mal in heimischen Badezimmern auf. Und obwohl die Große Winkelspinne weder giftig noch sonst gefährlich ist, hat der Anblick eben dieser heimischen Art vielen Menschen das Verhältnis zu Spinnen verleidet. Mit einer Körperlänge von etwa zehn bis 16 Millimetern und einer Beinspannweite von bis zu zehn Zentimetern, die einige männliche Individuen aufweisen, löst sie oft Abneigung aus und weckt die Schreckensfantasien arachnophober Menschen.

Gift ohne große Wirkung

Mit dem Ziel, in weiten Kreisen der Bevölkerung durch Aufklärung das Interesse für die Spinnentiere zu wecken, die oft unberechtigten Vorurteile gegenüber den Achtbeinern auszuräumen sowie Verständnis für die Natur um uns zu schaffen, hätte die Wahl der Arachnologischen Gesellschaft für „die Spinne des Jahres 2008″ auf keinen besseren Kandidaten fallen können.

Verbreitungskarte für die Große Winkelspinne © Arachnologische Gesellschaft

Da der Mensch nicht zum Beuteschema der Großen Winkelspinne gehört, benötigen sogar Experten Geduld und Geschick, um das unberechtigt gefürchtete Tier zum Beißen zu bewegen. Selbst wenn Peter Jäger, Präsident der Arachnologischen Gesellschaft und Mitarbeiter am Forschungsinstitut Senckenberg, der Selbstversuch gelingt und die Mundwerkzeuge der Großen Winkelspinne durch seine Haut dringen, zeigt das nur, dass der nadelstichartige Biss zwar bemerkt wird, das Gift aber keine bleibende Wirkung hat.

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Schwarze Dachspinne?

Wörtlich übersetzt bedeutet der wissenschaftliche Name Tegenaria atrica „Schwarze Dachspinne“. Während des Wachstums zeigt die Große Winkelspinne besonders vor der Häutung eine tief dunkelbraune bis schwarze Färbung. Und außer an ihren langen, kräftigen und behaarten Beinen sind die Tegenaria-Arten an der typischen Bauweise ihrer Netze zu erkennen, so die AraGes. Über dem trichterförmigen Schlupfwinkel, der auch der Großen Winkelspinne als Wohnhöhle dient, webt sie ein Deckennetz, das aus mehreren Lagen von Fangfäden besteht, in denen sich ihre Beutetiere verheddern.

Insekten- und Asselvertilger

Auf dem Speiseplan von Tegenaria atrica stehen laut der Arachnologischen Gesellschaft Insekten und Asseln. Die Borsten und feinen Härchen an den Beinen und dem gesamten Körper sind, wie bei allen Spinnen, wichtige Sinnesorgane, mit denen sie selbst geringste Erschütterungen wahrnimmt. Gerät ein Beutetier in die Fangfäden des Deckennetzes, nimmt Tegenaria atrica die durch die Bewegung verursachten Schwingungen wahr, läuft blitzschnell zu ihrem Opfer, beißt zu und injiziert dabei etwas Gift, um das Tier zu lähmen. Nach wiederholten Bissen kann sie selbst größere Beute überwältigen und verzehrt diese dann im Schutz ihrer Wohnröhre.

In Deutschland gibt es nach Angaben der Arachnologischen Gesellschaft zehn verschiedene Arten von Winkelspinnen: darunter die Mauerwinkelspinne (T. parietina), die zwar größer ist als die Große Winkelspinne, aber seltener vorkommt, die Hauswinkelspinne (T. domestica), die durch ihre Lebensweise in Häusern weltweit verschleppt wurde, und die Feldwinkelspinne (T. agrestis), die ausschließlich in natürlichen Habitaten lebt. Auch die Große Winkelspinne wurde nach Nordamerika „exportiert“, kommt ursprünglich aber in Europa und den angrenzenden Gebieten vor.

Häufigste und auffälligste Art

In der freien Natur findet man die eher am Boden lebende Art unter Steinen und Baumwurzeln, in hohlen Bäumen oder unter Böschungen. Im Siedlungsbereich des Menschen sucht sie sich gerne geschützte und regenfreie Schlupfwinkel an Efeu bewachsenen Hausmauern, in Gartenhäuschen, Garagen oder auch in nicht zu trockenen Kellern.

Insgesamt sind laut den Spinnenexperten der AraGes zirka 70 der etwa 130 weltweit vorkommenden Tegenaria-Arten in Europa heimisch. Zwei Arten (T. saeva aus Westeuropa, T. duellica aus Großbritannien) sehen der Großen Winkelspinne auf den ersten Blick zum Verwechseln ähnlich und können nur unter dem Mikroskop unterschieden werden.

Mit der großen Großen Winkelspinne (Tegenaria atrica C.L. Koch 1873), die 1873 erstmals von Carl Ludwig Koch beschrieben wurde und deren wichtigstes Merkmal zur Unterscheidung von anderen hausbewohnenden Arten dieser Gattung die nicht eindeutig geringelten Beine sind, fiel die Wahl in Deutschland auf die wohl häufigste und auffälligste Art, die mit der Wahl zur Spinne des Jahres vorgestellt und mit ihren Vorzügen als Insektenvertilger bekannt gemacht werden soll.

(idw – Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg, 21.11.2007 – DLO)

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