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Neurobiologie

Gesicht als blinder Fleck

Projekt erforscht neurologische Ursachen der rätselhaften Krankheit

Stellen Sie sich vor, sie sehen das Gesicht Ihrer Mutter, aber erkennen sie nicht. Undenkbar? Nicht für Menschen, die an Gesichtsblindheit leiden. Jetzt ist ein Projekt von Neurologen, Humangenetikern und Psychologen gestartet, das sich dieser gar nicht so seltenen, aber noch relativ
unbekannten Wahrnehmungsstörung widmet. Mit Hilfe von biomagnetischen Gehirnstrommessungen wollen die Wissenschaftler mehr über die neurologischen Vorgänge im Gehirn der Patienten erfahren.

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Es kann bei einem Unfall oder nach einer Krankheit passieren: Plötzlich erkennt man Gesichter nicht mehr oder viel langsamer als zuvor, hat Schwierigkeiten zu sagen, welches Gesicht bekannt oder unbekannt ist. Gesichtsblindheit (Prosopagnosie) lautet die Diagnose. Die große Mehrheit der Betroffenen wird aber wahrscheinlich bereits mit dem Defizit geboren und hat es ererbt. Bei dieser ererbten Form der Gesichtsblindheit ist es besonders wichtig, die Diagnose frühzeitig zu stellen, um die betroffenen Kinder besser fördern zu können.

In dem gemeinsamen Projekt der Messtechnik-Experten der PTB mit Neurologen, Humangenetikern und kognitiven Psychologen geht es darum, mehr über diese Wahrnehmungsstörung zu erfahren. Konkret wollen sie herausfinden, ob auf der Ebene der Nervenzellen des Gehirns, der Neuronen, andere Verarbeitungsweisen von Gesichterbildern als bei Gesunden nachgewiesen werden können.

Das Verfahren, das die Wissenschaftler dabei nutzen, heißt Magnetoenzephalographie (MEG). Damit können die Magnetfelder der feinen elektrischen Ströme, die in unserem Körper fließen, gemessen werden. Diese Ströme leiten zum Beispiel Reize entlang von Nerven zum Gehirn, bringen Muskeln zur Kontraktion oder entstehen beim Denken im Gehirn. Für die Messung benötigt man hochempfindliche Sensoren, so genannte SQUIDs. Die empfindliche Magnetfeldmessung darf nicht durch das Erdmagnetfeld oder andere, technische Magnetfelder (z.B. von elektrischen Leitungen) gestört werden. Deswegen befindet sich das MEG-Gerät in einem magnetisch abgeschirmten Raum.

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Eine typische MEG-Untersuchung beruht auf einer wiederholten gezielten Reizung eines Sinnesorgans – von Auge, Ohr oder auch der Haut. Diese Reizung verursacht einen Strom in den Nervenzellen des Gehirns. Nach der Mittelung über hunderte oder auch tausende identischer Reize kann eine charakteristische Reizantwort berechnet werden. Bei Abschluss des Projektes, das auf zwei Jahre angelegt ist, könnten so wertvolle Erkenntnisse über die Erkennung von Gesichtern im Gehirn gesammelt sein.

(Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), 02.07.2004 – NPO)

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