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Genetik

Genom des Erregers der Kartoffelfäule entschlüsselt

Pilz nutzt Arsenal von 700 Proteinen um Pflanze zu entern

Sporenträger von Phytophthora infestans © Universität Hohenheim

Der Erreger der Kraut- und Kartoffelfäule, Phytophthora infestans, ist weltweit der zerstörerischste Schädling im Kartoffelanbau. Ein internationales Forscherteam hat jetzt das Erbgut des Erregers analysiert und damit auch Details über seine Wirkungsmechanismen herausgefunden. So kann der Pilz bis zu 700 verschiedene Proteine in die Pflanzenzelle einschleusen und damit die Pflanze ausbeuten und letztlich zerstören. Die Ergebnisse des Kooperationsprojekts von 35 Forschungsinstitutionen aus sechs verschiedenen Ländern wurde jetzt in „Nature“ veröffentlicht.

Er war verantwortlich für die große Hungersnot in Irland in den 1840er Jahren und ist doch noch lange nicht Geschichte. Heute noch rafft der Erreger Phytophthora infestans in weniger als zwei Wochen unzählige Quadratkilometer Kartoffelfelder weltweit dahin. Die Bekämpfung der Kartoffelkrankheit ist aufwändig und teuer und die erfolgreich behandelten Kartoffeln lassen sich nicht mehr als Bioprodukte vermarkten. Allein im laufenden Jahr wird der wirtschaftliche Schaden durch die Kartoffelkrankheit auf 6,7 Milliarden Dollar geschätzt.

240 Millionen Basenpaare

Im Rahmen eines internationales Projekts von 35 Forschungsinstitutionen in sechs verschiedenen Ländern ist es Wissenschaftlern nun gelungen, das Genom von Phytophthora infestans vollständig zu entschlüsseln und damit wertvolle Einblicke in seine Lebensweise und Befallsstrategien zu erhalten. Das gesamte Erbgut des Erregers besteht aus 240 Megabasen, das sind 240 Millionen genetische Informationsträger. Damit ist das Genom des Erregers größer, als das der meisten Pflanzen, deren Genom bisher vollständig entschlüsselt wurde.

Erklärung für hohe Anpassungsfähigkeit

Die Ergebnisse der Entschlüsselung liefern auch die Erklärung für die hohe Anpassungsfähigkeit des Erregers. „Der Erreger passt sich sehr schnell an neue Kartoffelsorten an und entwickelt Resistenzen gegenüber Pestiziden, mit denen man ihn bekämpfen könnte“, erklärt Marco Thines, einer der Coautoren des Nature-Artikels und Forscher an der Universität Hohenheim. „Phytophthora schleust kleine Proteine in die Pflanzenzelle ein. Diese programmieren Teile des Stoffwechsels um und beeinflussen die Informationsverarbeitung in der befallenen Pflanze. Dadurch wird unter anderem die Erkennung des Erregers verhindert.“ Wie ein Parasit lebt der Erreger dann in der Pflanze weiter und entzieht ihr lebenswichtige Energie.

700 Proteine als potenzielle Schlüssel

Wie die Wissenchaftler aufdeckten, existieren insgesamt 700 verschiedene Proteine, die der Erreger potentiell einschmuggeln kann. Diese Vielfalt macht die Interaktion zwischen Wirt und Pathogen jedoch auch zu einem äußerst komplexen System. Das internationale Forscherteam wird nun die Gene dieser 700 sogenannten Effektoren analysieren, um die Interaktionen jedes einzelnen mit der Pflanzenzelle verstehen zu können.

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„Durch die Genom-Sequenzierung haben wir nun ein Wissen in der Hand, mit dem wir hoffen herausfinden zu können, an welcher Stelle der Pilz in den Pflanzenstoffwechsel eingreift, um dann gezielt Methoden zu entwickeln, um die Infektion mit dem Pathogen zu verhindern“, fasst Thines zusammen.

Gezielte Bekämpfung des Erregers wird möglich

Die Genomsequenzierung legt die Basis, um die Interaktion zwischen Wirt und Pathogen besser verstehen zu können. Dies wird letztlich dazu führen, dass gezieltere Bekämpfungsstrategien ermöglicht werden. Ein Beispiel dafür sind maßgeschneiderte Fungizide, die das Pathogen an der Besiedlung des Wirtes hindern können. Darüber hinaus werden auch in der Pflanzenzüchtung die neuen Erkenntnisse von großer Bedeutung sein.

„Es kann nun mit molekularbiologischen Techniken in Arten, die nah mit der Kartoffel verwandt sind, nach Resistenzfaktoren gefahndet werden, welche die Effektoren des Pathogens erkennen und eine Abwehrreaktion gegenüber dem Schaderreger auslösen können“, so Thines. Diese Resistenzfaktoren könnten dann, zum Beispiel durch Einkreuzung und Züchtung, in Kartoffeln eingebracht werden, um eine nachhaltige Resistenz zu schaffen.

„Dies würde letztlich zu einer weltweit verbesserten Ernährungssituation führen und den Einsatz von Pestiziden verringern, was nicht nur die Kartoffelproduktion günstiger machen, sondern auch die Umwelt entlasten würde“, so der Forscher abschließend.

(Universität Hohenheim, 18.09.2009 – NPO)

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