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Genetik

Genom der Gerste entschlüsselt

Die vollständige Erbinformation könnte verbesserte Sorten des Getreides ermöglichen

Code geknackt: Das Genom der Gerste ist das größte, was bisher entschlüsselt wurde. © Nils Stein

Größte je entschlüsselte DNA-Sequenz: Forscher haben das Erbgut der Gerste entschlüsselt – einer der wichtigsten Getreidearten weltweit. Die Sequenzierung enthüllt nicht nur die ungewöhnliche Größe des Gerstengenoms, sie liefert auch wertvolle Informationen für die Optimierung des Getreides – beispielsweise einen besseren Selbstschutz gegen Schädlinge oder eine gesteigerte Malzproduktion.

Gerste wird seit über 10.000 Jahren vom Menschen angebaut und ist eines der wichtigsten Getreide der Welt. Sie dient als Tierfutter sowie als Hauptrohstoff zur Produktion von Bier und hat somit eine wichtige Rolle in der Genussmittel- und Nahrungsproduktion. Welche genetischen Merkmale hinter den nützlichen Eigenschaften der Gerste stecken, war bisher aber nur in Teilen bekannt.

Für die Zucht von neuen Sorten ist es jedoch hilfreich, wenn das Genom der Pflanze vollständig sequenziert ist. Denn dann stehen wichtige Informationen über Ort, Struktur und die Funktion von Genen zur Verfügung, die es erlauben, gezielt Eigenschaften wie die Malzproduktion oder die Resistenz gegen Mehltau und andere Schädlinge zu verbessern.

Wissenschaft mit der Schrotschuss-Methode

Ein internationales Team um Martin Mascher vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben hat sich an die aufwändige Arbeit gemacht, die DNA der Gerste vollständig zu entschlüsseln. Dafür verwendeten sie die sogenannte Schrotschuss-Sequenzierung: Dabei wird das Erbgut erst in kleinere Stücke zerlegt und dann sequenziert.

„Das umfangreiche Datenmaterial, zunächst vorliegend als fragmentierte, kurze Sequenzen, wurde dann von Bioinformatikern mit modernsten Methoden zu einer linearen Ordnung zusammengesetzt“, erklärt Mascher. Schritt für Schritt haben die Wissenschaftler so den genetischen Code zusammengesetzt.

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Das Fünfmilliarden-Teile-Puzzle

Die Entschlüsselung des Gersten-Genoms stellte sich als wahres Mammut-Projekt heraus, denn es besteht aus 5,2 Milliarden Basenpaaren, wie die Wissenschaftler im Laufe ihres zehn Jahre dauernden Projektes herausfanden. Damit ist es fast doppelt so groß wie die gesamte menschliche DNA-Sequenz.

Insgesamt identifizierten die Forscher 39.000 proteinkodierende Gene im Genom der Gerste. Dies sind etwa so viele wie auch im menschlichen Erbgut vorhanden sind. Die 39.000 Gene der Gerste machen damit lediglich drei Prozent des gesamten Genoms aus, berichten Mascher und seine Kollegen.

Über 80 Prozent des Erbguts bestehen hingegen aus Mehrfachkopien von komplexen DNA-Sequenzen, vor allem sogenannten Transposons, wie Thomas Wicker von der Universität Zürich erklärt: „Das sind mobile genetische Einheiten, die fähig sind, Kopien von sich selbst herzustellen. Transposons werden daher auch als ‚egoistische DNA‘ oder ‚genomische Parasiten‘ bezeichnet.“ Welche Rolle Transposons für die Gerste spielen, ist allerdings noch unklar.

Erhalt der genetischen Vielfalt

Mit der genetischen Karte des Gerstengenoms ermöglichen die Wissenschaftler einen Einblick in die Evolutionsgeschichte der Gerste. Durch Vergleich ihrer Referenzsequenz mit Genen verschiedener Gerstensorten lassen sich Entwicklungen der Pflanze genauer untersuchen.

Die genetische Vielfalt der Gerste habe sich durch tausende Jahre von Zucht stark verringert, erklärt Robbie Waugh vom James Hutton Institut in Schottland: „Die Referenzsequenz führt uns vor Augen, wie wichtig es ist, der weiteren Verringerung dieser Vielfalt im Rahmen und mit den Mitteln der Pflanzenzucht entgegenzuwirken.“

„Die Referenzsequenz wird uns helfen, die 22.000 Gerstenmuster in unserer Sammlung zu untersuchen und damit ihren Nutzen für die Erschließung ihrer Biodiversität im Rahmen züchterischer Anstrengungen abzuschätzen“, ergänzt Andreas Graner vom IPK. „Langfristiges Ziel ist es, Gerstensorten zu züchten, die auch unter sich ändernden Umweltbedingungen starke Erträge zeigen und so zur globalen Ernährungssicherung beitragen.“ (Nature, 2017; doi: 10.1038/nature22043)

(Universität Zürich, 27.04.2017 – CLU)

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