Forschern ist es erstmals gelungen, ausgewählte Gene in Mäuseembryonen gezielt, ohne den Umweg über Stammzellen, zu verändern. Erreicht wird dies über maßgeschneiderte, künstlich hergestellte Enzyme, so genannte Zinkfinger-Nukleasen. Diese jetzt in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“ vorgestellte Methode erleichtert nicht nur die Erforschung von Mutationen bei Säugetieren, sie könnte langfristig auch neue Möglichkeiten für die Gentherapie eröffnen.
{1l}
Um Gene und ihre Funktionen bei Säugetieren zu verstehen, setzten Wissenschaftler bisher vor allem auf das Modellsystem Maus. Klassisch sind beispielsweise Forschungen an „Knock-Out“-Mäusen – Tieren, bei denen gezielt einzelne Gene ausgeschaltet sind, um deren Funktion und Auswirkung auf den Organismus zu untersuchen. In der Regel müssen für die Erzeugung solcher Mutationen diese zunächst in Stammzellen erzeugt werden. Diese werden anschließend in Embryonen etabliert. Am Helmholtz Zentrum München haben Professor Wolfgang Wurst und sein Forscherteam nun einen schnelleren Weg gefunden.
Gezielter Schnitt durch künstliche Enzyme
Ihnen ist es gelungen, gezielte Veränderungen direkt in befruchteten Eizellen der Maus vorzunehmen. Werkzeuge für die Umsetzung sind künstlich hergestellte Zinkfinger- Nukleasen. Diese Enzyme lagern sich gezielt an bestimmte Stellen der DNA an und erlauben es damit, das Erbgut an genau der gewünschten Stelle aufzuschneiden. Bei dem neuen Verfahren werden diese Nukleasen zusammen mit Genstücken, die die zu untersuchenden Veränderungen enthalten, direkt in einzellige Mäuseembryonen injiziert.
Erste Mutanten-Mäuse erfolgreich gezüchtet
Dort baut das zelleigene Reparatursystem das gewünschte Genfragment in die Mäuse-DNA ein – immerhin mit einer Häufigkeit von 1,7 bis 4,5 Prozent, wie Versuche zeigen. Den Wissenschaftlern des Helmholtz Zentrums München gelang es mit dieser Methode bereits, vitale Mäuse mit gezielt ausgetauschten Genen zu züchten. Neben der Zeitersparnis und dem höheren Grad an Effizienz sehen die Forscher vor allem die Anwendbarkeit auf andere Säugetierzellen als zukunftsweisenden Vorteil.
Einsatz auch in der Gentherapie möglich?
Jetzt arbeiten die Forscher daran, die Wirksamkeit der Methode zu verbessern. Sie untersuchen außerdem die Anwendbarkeit auf andere Organismen, damit den Wissenschaftlern neben Mäusen weitere Modellsysteme zur Verfügung stehen. Gleichzeitig verheißt die Methode auch neue Ansatzmöglichkeiten für die Gentherapie. „Denn“, so Professor Wurst, „langfristig ist denkbar, dass so nicht nur neue Gene eingebracht, sondern auch Defekte gegen Gesunde ausgetauscht werden können.“
(Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, 03.08.2010 – NPO)