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Biotechnologie

Genfood spaltet Europa

EU-Bürger uneins bei gentechnisch veränderter Nahrung

Die Einstellung der Bürger zu gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln unterscheidet sich in den verschiedenen europäischen Ländern erheblich. Während die Akzeptanz in Spanien besonders groß ist, haben die Griechen große Vorbehalte gegenüber Genfood. Dies geht aus einer neuen Studie des Zentrums für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) hervor.

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Über 80 Millionen Hektar sind weltweit mit gentechnisch veränderten Pflanzen bestellt. Doch die Einstellungen in der Bevölkerung dazu sind zwiespältig, die Vorbehalte gegenüber diesen neuen Technologien wachsen. Die Vorteile der technologischen Innovationen helfen zwar die Lebensbedingungen zu verbessern, aber mögliche negative Folgen wie zum Beispiel gesundheitliche Langzeitschäden, zunehmende Antibiotika-Resistenz und Auswirkungen auf die Artenvielfalt können nicht ausgeschlossen werden. Letztendlich werden die Konsumenten die ultimativen Richter über die Verbreitung und Durchsetzung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln sein.

Deutschland: Meinungsunterschiede zwischen Ost und West

Wie die Bürger der europäischen Staaten zu gentechnisch veränderter Nahrung stehen, untersuchen Sozialwissenschaftler vom ZUMA gemeinsam mit ihren Partnern von der Aristoteles Universität in Thessaloniki in ihrem Projekt ‚Einstellungen gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln in der EU‘ und sind dabei zu erstaunlichen Erkenntnissen gekommen. Anhand der Eurobarometer-Daten von 1999 bis 2002 und der Daten des European Social Survey 2002 konnte festgestellt werden, dass die europäische Bevölkerung in ihrer Einstellung geteilt ist: Die Griechen haben die größten Vorbehalte gegenüber gentechnisch veränderter Nahrung und die Spanier die geringsten. Auch innerhalb Deutschlands gibt es Unterschiede: Die Westdeutschen stehen dieser Entwicklung skeptischer gegenüber als die Ostdeutschen.

Wie kommen diese signifikanten Unterschiede zustande? Sind es die „nationalen“ Einstellungen oder sind es unterschiedliche soziodemografische Verteilungen innerhalb der EU-Staaten wie beispielsweise Bildung und Einkommen, die Europa teilt? Die Analysen zeigen, dass nicht die unterschiedlichen Verteilungen von Bevölkerungsgruppen die Kluft bewirken, sondern tatsächlich kulturelle und wertespezifische Unterschiede die Ursache dafür sind.

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Am meisten differenzieren sich die EU-Bürger in den Einstellungen, die mit der individuellen Gefahr beim Verzehr von ‚Genfood‘, und mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit generell zu tun haben. Aber auch länderspezifische Werteprioritäten und kulturelle Syndrome führen zu diesen Unterschieden. Der Zeitvergleich zeigt zudem, dass diese Einstellungen stabil über die Zeit bleiben. Mit einer baldigen Annäherung der Meinungen in Europa ist demnach nicht zu rechnen.

Gen-Mais mit Risiken und Nebenwirkungen

Im Zusammenhang mit der Diskussion über Vor- und Nachteile gentechnisch veränderter Lebensmittel hat Greenpeace gestern bisher vertrauliche Dokumente des Gentechnik-Konzerns Monsanto über Fütterungsversuche an Ratten mit genmanipuliertem Mais veröffentlicht. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation wiesen die Tiere Gesundheitsschäden auf, nachdem sie mit Monsantos Gen-Mais MON 863 gefüttert wurden, der ein Insektengift produziert.

Über die Importzulassung entscheidet am Freitag der EU-Umweltministerrat in Luxemburg. Gemeinsam mit Wissenschaftlern fordert Greenpeace ein Importverbot für MON 863, die Bundesregierung soll gegen eine Zulassung stimmen.

„Der Gen-Mais darf nicht für Lebens- und Futtermittel in EU-Ländern zugelassen werden. Wenn ein Versuch derartig auffällige Ergebnisse zeigt, muss er auf jeden Fall wiederholt werden“, sagte Prof. Gilles- Eric Seralini von der staatlichen französischen Kommission CGB (Commission du Génie Biomoléculaire), die für die Risikobewertung von Gen-Pflanzen zuständig ist. Wissenschaftler wie Seralini sind durch die Aktenfreigabe nicht mehr an die bisherige Vertraulichkeit gebunden. „Die Sicherheitsstandards bei EU-Zulassungsverfahren für genmanipulierte Pflanzen sind generell unzureichend“, so Seralini in Berlin.

Auch Professor Arpad Pusztai, der bereits eine Risikobewertung von MON863 für die deutsche Regierung erstellt hatte, warnt vor einer Marktzulassung: „Es ist nicht anzunehmen, dass die Schäden an den inneren Organen der Ratten und dem Blutbild der Tiere auf Zufall beruhen. Die Akten zeigen zudem, dass der Versuchsaufbau ungenügend und die Datenauswertung fehlerhaft war. Weitere Untersuchnungen sind zwingend notwendig.“

Der MON863 produziert ein so genanntes Bt-Gift gegen den Maiswurzelbohrer. Dieses Gift ist nicht identisch mit der Substanz, die in Europa bereits zugelassene Gen-Pflanzen enthalten, die gegen den Maiszünsler resistent gemacht wurden. Zudem enthält MON863 ein Gen für eine umstrittene Antibiotika-Resistenz. Diese sind laut der EU-Freisetzungsrichtlinie 2001/18 zu vermeiden. Es sei nicht auszuschließen, dass die manipulierten Gene auf Krankheitserreger übertragen werden und so die Entstehung neuer resistenter Keime fördern.

(idw – GESIS (Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen), Greenpeace, 23.06.2005 – DLO)

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