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Neurobiologie

Geld motiviert – wenn man mehr bekommt als Andere

Wissenschaftler untersuchen, wie der „Homo oeconomicus" tickt

Euro-Münzen © MMCD

Mit welchen Gefühlen man auf seinen Gehaltscheck reagiert, hängt maßgeblich davon ab, wie viel der Kollege verdient. Das legt ein Experiment von Ökonomen und Hirnforschern der Universität Bonn nahe. Darin ließen sie Versuchspersonen paarweise gegen Bezahlung eine einfache Aufgabe durchführen.

Die Wissenschaftler untersuchten währenddessen die Hirnaktivität ihrer Probanden mit einem Magnetresonanz-Tomographen. Ergebnis: Bekam ein Teilnehmer mehr Geld als sein Mitspieler, zeigte sein „Belohnungszentrum“ eine weit stärkere Aktivierung, als wenn beide dieselbe Summe erhielten, so die Forscher in der Wissenschaftszeitschrift Science.

Wissenschaftler um den Epileptologen Professor Christian Elger und den Ökonomen Professor Dr. Armin Falk wollen in einer neuen Forschungsrichtung, die sich momentan an der Uni Bonn etabliert, zusammen herausfinden, wie der „Homo oeconomicus“ genau tickt. Dazu nutzen sie moderne bildgebende Verfahren, um ihren Testpersonen ins Gehirn zu schauen.

Belohnungssystem aktiviert

Für das jetzt veröffentlichte Experiment mussten sich die Teilnehmer in zwei nebeneinander stehende Hirnscanner legen. Darin sollten sie parallel dieselbe Aufgabe durchführen: Auf einem Bildschirm erschien eine gewisse Anzahl Punkte, deren Menge die Probanden schätzen mussten. Danach wurden sie informiert, ob sie richtig getippt hatten. Falls ja, erhielten sie eine Belohnung, die von 30 bis 120 Euro reichte. Gleichzeitig wurde ihnen mitgeteilt, ob ihr Spielpartner erfolgreich gewesen war und welchen Lohn er dafür einstreichen konnte.

Der Tomograph erfasste derweil, in welchen Hirnregionen der Testpersonen sich die Durchblutung änderte. In gut durchbluteten Gebieten gelten die Nervenzellen als besonders aktiv. Insgesamt 38 Männer nahmen an dem Versuch teil. „Wir registrierten bei ihnen während des Experiments in verschiedenen Hirnbereichen eine verstärkte Aktivität“, erklärt der Bonner Neurowissenschaftler Dr. Bernd Weber. „Einer davon war das ventrale Striatum – eine Region, in der ein Teil des so genannten Belohnungssystems sitzt.“

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Aktivität des Striatums untersucht

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Immer wenn wir eine erstrebenswerte Erfahrung machen, wird das Belohnungssystem aktiv. „Wir beobachteten dort beispielsweise eine Aktivierung, wenn der Spieler die Aufgabe richtig gelöst hatte“, sagt der Leiter der Arbeitsgruppe NeuroCognition-Imaging am Life&Brain Institut. Hatte der Teilnehmer dagegen mit seiner Schätzung daneben gelegen, nahm die Aktivität seines ventralen Striatum ab.

Erstaunlicherweise spielte aber auch eine Rolle, wie der Teilnehmer im zweiten Scanner abgeschnitten hatte: „Am höchsten war die Aktivierung bei denjenigen, die richtig getippt hatten, während ihr Mitspieler sich verschätzt hatte“, fasst Webers Kollege Dr. Klaus Fließbach das Ergebnis zusammen.

Die Forscher nahmen nun die Fälle genauer unter die Lupe, bei denen beide Partner die Zahl der Punkte korrekt geschätzt hatten. Erhielten die Teilnehmer dafür dieselbe Bezahlung, kam es zu einer vergleichsweise geringen Aktivierung des Belohnungszentrums. Anders, wenn der eine Spieler beispielsweise 120 Euro bekam, sein Partner aber nur 60: Dann fiel die Aktivierung bei Spieler eins viel höher aus. Bei Spieler zwei nahm die Durchblutung des ventralen Striatum dagegen sogar ab – und das, obwohl er die Aufgabe richtig gelöst hatte und dafür auch belohnt worden war.

Männer wollen sich im Wettbewerb behaupten

„Dieses Ergebnis steht im klaren Widerspruch zur traditionellen ökonomischen Theorie“, erklärt Wirtschaftswissenschaftler Falk. „Danach sollte es nur auf die absolute Höhe der Entlohnung ankommen. Der Vergleich mit Anderen sollte dagegen für die Motivation keine Rolle spielen.“ Es ist das erste Mal, dass diese These mit Hilfe eines derartigen Experiments widerlegt wurde.

Allerdings hat auch die absolute Höhe der Bezahlung einen Einfluss auf das Belohnungszentrum: Über 60 Euro freut man sich mehr als über 30. „Das Interessante an unserer Studie ist aber, dass die relative Höhe des Einkommens eine so bedeutsame Rolle spielt“, betont Falk.

„Zumindest Männer scheinen eine große Motivation aus dem Wettbewerb zu ziehen“, resümiert Weber. Die Forscher wollen nun in einem nächsten Schritt herausfinden, ob das auch bei Frauen so ist. Außerdem planen sie eine Versuchsreihe mit asiatischen Probanden, um herauszufinden, ob Konkurrenzdenken auch durch kulturelle Faktoren beeinflusst wird.

(idw – Universität Bonn, 23.11.2007 – DLO)

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