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Biologie

Geheimnis von „Nessie“ gelöst?

DNA-Studie deutet auf Riesenaale als Erklärung für das "Monster" vom Loch Ness hin

Nessie
Wer ist Nessie, das "Seeungeheuer" vom Loch Ness? DNA-Analaysen könnten nun eine Antwort geliefert haben. © Khadi Ganiev/ iStock.com

Kein Urzeit-Reptil: Forscher könnten endlich die Natur des legendären Seemonsters vom Loch Ness ergründet haben. Denn ihre DNA-Analysen von 250 Proben aus Wasser und Sediment verraten erstmals, welche Tiere im See existieren – und welche nicht. Demnach gibt es keinerlei Spuren eines Urzeit-Reptils, aber auch keine von Haien oder Stören. Auffällig sind jedoch viele DNA-Spuren von Aalen. „Nessie“ könnte demnach ein Riesenaal sein, so die Vermutung der Forscher.

Nessie“ ist keine Erfindung der Neuzeit: Schon seit mehr als 1.500 Jahren berichten Menschen von Sichtungen rätselhafter Wesen im schottischen Loch Ness. Typischerweise beschreiben sie diese als schlangenhaft oder als Wesen mit langem Hals. Ähnliches zeigen auch die wenigen, stark umstrittenen Fotos des Seeungeheuers. Doch worum handelt es sich? Favorit unter den vielen Hypothesen ist schon seit Jahrzehnten ein Plesiosaurier – ein Urzeit-Reptil. Aber auch große Fische wie ein Stör, Wels oder ein Grönlandhai sind unter den Kandidaten.

Doch trotz intensiver Suche mit Unterwasserkameras, Sonar und anderen modernen Technologien wurde bisher keine Spur eines ungewöhnlichen oder gar urzeitlichen Wesens im See entdeckt.

Plesiosaurier
Favorit unter den Nessie-Kandiaten ist ein Plesiosaurier – urzeitliche Meeressaurier, die bis heute überlebt haben. © Nobu Tamura /CC-by-sa 3.0

DNA-Fahndung in Proben aus dem Loch Ness

Jetzt haben Forscher mithilfe modernster Genetik nach „Nessie“ gefahndet. Neil Gemmell von der University of Otago und sein Team haben dafür 250 Wasser- und Sedimentproben aus verschiedenen Bereichen von Loch Ness entnommen. Diese analysierten sie auf ihren DNA-Gehalt hin und verglichen die gefundenen Sequenzen mit denen bekannter Organismen. Deren Genom ist in großen Gendatenbanken gespeichert.

„Das ist der Vorteil der Umwelt-DNA: Sie ist ein extrem leistungsstarkes und robustes Werkzeug, um alle lebenden Wesen – sowohl groß als auch mikroskopisch klein – in einer Umgebung zu dokumentieren“, erklärt Gemmell. Selbst wenn sich in den Proben DNA-Sequenzen eines unbekannten Lebewesens finden, müsste es sich über Ähnlichkeiten zu bekannten Tieren zumindest einer Organismengruppe zuordnen lassen.

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Keine Spur vom Urzeit-Reptil

Die Ergebnisse enthüllen: Im Loch Ness gibt es DNA von elf Fischarten, drei Amphibien, 22 Vogelarten und 19 Spezies von Säugetieren. Doch was fehlt, ist jede genetische Spur eines Plesiosaurus oder anderen Urzeit-Reptils. „Wir können keinerlei Belege für eine Kreatur finden, die auch nur entfernt damit verwandt ist“, sagt Gemmell. „Ich denke, angesichts unserer Daten lässt sich die Plesiosaurier-Hypothese nicht aufrechterhalten.“

Wie aber sieht es mit den anderen Kandidaten für Nessie aus? Die Forscher fahndeten mithilfe ihrer DNA-Proben auch nach großen Fischarten, darunter einem riesenhaften Stör, einem Grönlandhai oder Wels. „Basierend auf unseren DNA-Analysen gibt es keinen Hai im Loch Ness“, sagt Gemmell. „Wir haben auch keinerlei DNA-Spuren von einem Stör oder Wels gefunden.“

Nessie-Aal
Ist Nessie in Wirklichkeit ein Riesenaal? © University of Otago

Ist Nessie ein Riesenaal?

Was aber bleibt dann noch? Ist Nessie doch nur eine Ausgeburt der Fantasie? Nicht unbedingt, sagen die Forscher. Denn eine Auffälligkeit haben sie in ihren DNA-Analysen doch entdeckt: „Es gibt jede Menge Aale im Loch Ness – wir haben ihre DNA an fast jeder beprobten Stelle gefunden“, berichtet Gemmell. Das könnte darauf hindeuten, dass im See möglicherweise eine Population ungewöhnlich großer Aale lebt. „Unsere Daten verraten zwar nicht ihre Größe, aber die schiere Menge des genetischen Materials sagt uns, dass wir die Möglichkeit nicht ausschließen können, dass es Riesenaale im Loch Ness gibt“, so Gemmell.

Tatsächlich hatten Wissenschaftler schon in den 1930er Jahren vorgeschlagen, dass die Sichtungen von Nessie auf riesenhafte Aale zurückgehen könnten. Der langgestreckte Körper, dünne „Hals“ und die teilweise gewundene Schwimmspur des Seemonsters würden zu einem solchen Fisch passen. Taucher wollen zudem im See Aale gesehen haben, die so dick waren wie ihre Oberschenkel. Andere Beobachter wollen ein Lebewesen von vier Metern Länge gesichtet haben.

Biologisch durchaus möglich

„Ob sie übertrieben haben oder nicht, weiß ich nicht. Aber es besteht die Möglichkeit, dass es tatsächlich große Aale im Loch Ness gibt“, sagt Gemmell. „Ein Aal dieser Größe wäre zwar außerhalb der normalen Größenspanne, aber es scheint nicht unmöglich, dass sich ein Lebewesen zu einer so ungewöhnlichen Größe entwickelt haben könnte.“ Durch Mutation und die Isolation im Loch Ness könnte dort durchaus eine Population von Riesenaalen entstanden sein.

Ob aber tatsächlich eine Population riesenhafter Aale hinter dem Seeungeheuer vom Loch Ness steckt, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen. Doch die DNA-Studie hat mit ihren Ergebnissen zumindest eine Spur zu „Nessie“ enthüllt – und andere Hypothesen entkräftet. „Menschen lieben Mysterien. Wir haben nun die Wissenschaft eingesetzt, um ein weiteres Kapitel zur langen Geschichte des Rätsels um Loch Ness hinzuzufügen“, sagt Gemmell.

Schafe, Füchse und Menschen

Interessant ist aber auch, was die DNA-Analysen über vorübergehende „Besucher“ im Loch Ness verrieten. Denn neben vielen Bakterien, Fischen und anderen Wassertieren fanden die Wissenschaftler auch überraschend viele DNA-Signaturen von Landtieren. „Wir haben substanzielle Mengen von menschlicher DNA und von mehreren eng mit uns assoziierten Spezies wie Hunden, Schafen und Rindern gefunden“, berichtet Gemmell.

Aber auch Erbgut von Wildtieren wie Rehen, Dachsen, Füchsen, Kaninchen und vielen Vogelarten wurden detektiert. Nach Ansicht der Forscher unterstreicht dies, dass Analysen von Umwelt-DNA in Gewässern durchaus hilfreich sein könnten, um schnell eine grobe Schätzung der Artenvielfalt in einem Gebiet zu bekommen. (Loch Ness Project)

Quelle: University of Otago

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