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Biologie

Gecko lässt die Hüllen fallen

Forscher beschreiben neue Art mit bizarrer Abwehrstrategie

Die im Nordwesten Madagaskars heimische Spezies Geckolepis megalepis trickst mit ihren großen Schuppen Feinde aus. © F. Glaw

Von Eidechsen ist das Prinzip bekannt: Greift ein Feind an, werfen sie den Schwanz ab. Einige Geckos haben hingegen eine noch extremere Strategie. Sie entledigen sich bei Gefahr gleich ihres gesamten Schuppenkleids. Forscher haben nun eine neue Art dieser bizarren Wesen beschrieben. Das Besondere: Die Echse hat ungewöhnlich große Schuppen und kann sie noch schneller abwerfen als verwandte Arten.

Geckos sind vor allem für die Haftkraft ihrer Füße berühmt. Sie ermöglicht es den flinken Echsen, problemlos an senkrechten Flächen und selbst an der Decke entlang zu laufen. Die auf Madagaskar heimischen Fischschuppengeckos haben jedoch noch einen anderen Trick auf Lager, der nicht minder faszinierend ist: Sie können buchstäblich aus der Haut fahren und ihr gesamtes Schuppenkleid vom Körper ablösen. Ein Fressfeind bleibt dank dieser Strategie nur mit Schuppen im Maul zurück, während der Gecko entkommt.

Wissenschaftler um Mark Scherz von der Ludwig-Maximilians-Universität und der Zoologischen Staatssammlung München haben nun eine neue Art aus der Gattung dieser bizarren Wesen beschrieben. Das Besondere der im Ankara-Reservat im Nordwesten Madagaskars gefundenen und auf den Namen Geckolepis megalepis getauften Echse: Sie hat die größten Schuppen, die je bei einem Gecko entdeckt wurden – sowohl relativ zur Körpergröße, als auch absolut betrachtet.

Beim Angriff eines Fressfeindes, aber auch schon bei leichter Berührung, fährt der Gecko buchstäblich aus der Haut. © F. Glaw

Große Schuppen, schneller Abwurf

Die ungewöhnlich großen, locker sitzenden Schuppen sind nur zu einem kleinen Teil mit der Haut verbunden. Diese anatomischen Eigenschaften könnten dem kleinen Reptil einen entscheidenden Vorteil bringen. Weil sie im Vergleich zur Befestigungsfläche eine größere Oberfläche sowie eine größere Reibfläche aufweisen, lösen sich die Schuppen wahrscheinlich noch schneller ab als kleinere bei verwandten Arten.

„Wirklich bemerkenswert ist, dass diese Schuppen durch ihre Dichte, Dicke, und eventuelle Verknöcherungen energetisch aufwendig in der Herstellung sind, sie aber dennoch mit solcher Leichtigkeit abreißen und schnell und narbenlos regeneriert werden können“, sagt Scherz. „Dass die Geckos scheinbar so leichtfertig ihre lebenswichtige Haut riskieren, legt nahe, dass diese Feindabwehrstrategie für ihr Überleben in der Natur extrem wichtig ist“, ergänzt sein Kollege Frank Glaw.

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Die erste Art – nach 75 Jahren

Um die neue Art zuverlässig von anderen Fischschuppengeckos abgrenzen zu können, nutzte das Team zusätzlich die Technik der Mikro-Computertomographie. Diese Methode liefert dreidimensionale Röntgenbilder und erlaubt es, die innere Anatomie von Tieren nicht-invasiv zu untersuchen. Auf diese Weise gelang es den Forschern, einige Merkmale des Schädels zu identifizieren, die Geckolepis megalepis von allen anderen Spezies unterscheidet.

Dass die Wissenschaftler die Echse überhaupt als neue Art beschreiben konnten, hat fast schon Seltenheitswert. Zum ersten Mal seit 75 Jahren wird damit eine bisher unbekannte Fischschuppengecko-Art wissenschaftlich vorgestellt. Der Grund: Die Bestimmung der Spezies ist schwierig, weil das Schuppenmuster für die taxonomische Unterscheidung von großer Bedeutung ist.

Doch genau das werfen die Geckos ständig ab. Es ist deshalb oft nur unvollständig oder unregelmäßig regeneriert. Schon vor über 120 Jahren ging der deutsche Naturforscher Alfred Voeltzkow mit Wattebäuschchen auf die Jagd, um die Abwehrreaktion zu verhindern. Heutzutage versuchen Wissenschaftler die Echsen möglichst berührungslos zu fangen, indem sie sie in Plastiktüten locken.

Vorbild für medizinische Anwendungen?

Eines aber ist auch Scherz und seinen Kollegen nicht gelungen: Welcher Mechanismus Haut und Schuppen nach dem Abwurf innerhalb von nur wenigen Wochen regenerieren lässt, bleibt vorerst ungeklärt. Seine Entschlüsselung könnte in Zukunft aber möglicherweise Anwendung in der regenerativen Medizin finden, wo sich die Forschung bereits an Studien über Salamandergliedmaßen und Echsenschwänze orientiert. (PeerJ, 2017; doi: doi.org/10.7717/peerj.2955)

(PeerJ/ Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns, 08.02.2017 – DAL)

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