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Medizin

Fusion macht Stammzellen „böse“

Verschmelzung von Tumor- und Stammzelle mit fatalen Folgen

Fusionszellen (grün) unter dem Mikroskop. Blau: Stammzell-Zellkerne, rot: Krebszell-Zellkerne © Private Universität Witten/Herdecke

Stammzellen können unter bestimmten Bedingungen „böse“ werden. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Fusion von Tumorzellen mit Stammzellen, denn aus ihnen entstehen so genannte Krebstammzellen. Eine solche Fusion ist jetzt erstmals im Labor gelungen und legt damit die Grunslage für weitere Forschungen.

Stammzellen, die eigentlich als Retter in der Not beispielsweise zu einem Entzündungsherd gelangen, können sich unter chronischen Bedingungen zu Krebszellen entwickeln. Aus gut wird dann böse. Immer mehr Wissenschaftler vermuten darüber hinaus, dass aus Knochenmarks- und Gewebestammzellen auch so genannte Krebsstammzellen hervorgehen können, die besonders gefährlich sind, denn ihnen werden verschiedene, heilungshemmende Eigenschaften, wie beispielsweise die Resistenz gegenüber Chemotherapeutika zugesprochen.

Verschmelzung gelungen

Ein Forscherteam der Universität Witten/Herdecke (UWH) ist dabei diese noch weitestgehend unerforschten Prozesse zu entschlüsseln. Den Wissenschaftlern um Prof. Dr. Thomas Dittmar, Juniorprofessor für Tumorimmunologie, ist jetzt im Labor eine wichtige Voraussetzung dafür gelungen. Sie konnten erfolgreich Brustkrebszellen und Bruststammzellen fusionieren, das heißt die Verschmelzung dieser Zellen erzeugen.

Mit diesem europaweit einzigartigen Forschungsergebnis verfügen die Wissenschaftler jetzt über die wichtigste Grundlage um die Rolle von Stammzellen bei einer Krebserkrankung näher zu untersuchen. Dieser Erfolg hat auch die Aufmerksamkeit der US-amerikanischen Krebsforschungsgesellschaft National Cancer Center Foundation auf sich gezogen. Für weitere Forschungen fließen nun Gelder aus den USA an die Wittener Universität. „Dass deutsche Krebsforscher Geld der National Cancer Center Foundation bekommen, ist ungewöhnlich. Offensichtlich waren unsere Forschungsergebnisse überzeugend,“ kommentiert Dittmar diesen äußerst seltenen Vorgang.

Fusion macht Krebs gefährlich

Der untersuchte Prozess der Zellfusion ist bereits seit einigen Jahren in Expertenkreisen ein Thema. Der Begriff der „Krebsstammzelle“ steht dabei im Fokus. Bei der Fusion einer Tumorzelle mit einer Stammzelle entsteht eine einzigartige Hybridzelle, die die jeweiligen spezifischen Eigenschaften der Tumorzelle und Stammzelle in sich vereinigt. Von Stammzellen ist bekannt, dass sie nahezu unsterblich und unempfindlich gegenüber Zellgiften sind, da sie über Pumpensysteme verfügen, die Gifte aktiv aus der Zelle befördern. Zu solchen Zellgiften gehören auch Chemotherapeutika. Diese unglückselige Verbindung schafft folglich eine besonders aggressive und schwer zu bekämpfende Krebszelle.

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Wie Zellfusionen zur Progression einer Krebserkrankung beitragen, werden die Wittener Forscher in den nächsten Jahren näher untersuchen. „Krebsstammzellen sind aus zweierlei Sicht interessant“, erläutert Dittmar. „Zum einen handelt es sich hierbei um tumorinitiierende Zellen. Aus ihnen erwächst ein Tumor und von daher sind sie sehr wahrscheinlich an der Metastasenbildung beteiligt. Zum anderen spielen Krebsstammzellen, da sie resistent gegenüber Chemotherapeutika sind, sehr wahrscheinlich eine große Rolle bei der Rezidivbildung, also dann wenn der Krebs nach überstandener Therapie wieder auftaucht. Neue Ansätze in der Krebstherapie werden daher auf Krebsstammzellen abzielen, da hierdurch sowohl die Metastasen- und Rezidivbildung bekämpft werden.“

Hybridzellen wachsen schneller

Bereits nachweisen konnten die Wittener Wissenschaftler, dass Hybridzellen ein schnelleres Wachstum besitzen und ein anderes Wanderungsverhalten als die Elternzellen aufweisen. Darüber hinaus sind die verschiedenen Hybridzellen untereinander sehr unterschiedlich. „Im Körper passieren genau dieselben Prozesse, wie in unseren Kulturgefäßen“, so Dittmar. „Wir sind optimistisch, dass unsere Forschung wertvolle Erkenntnisse über den Einfluss von Stammzellen bei Krebserkrankungen beitragen wird.“

Die geförderten Studien sollen überwiegend an Brustkrebs durchgeführt werden. Dieser stellt nach wie vor die häufigste tödliche Krebserkrankung bei Frauen dar. Zudem steht mit der Frauenklinik der UWH und dem dort ansässigen Brustzentrum ein langjähriger, verlässlicher In-Haus-Partner zur Seite. Geplant sind weiterführende gemeinsame Studien, die im Interdisziplinären Zentrum für Biomedizinische Forschung (IZBF) der Universität Witten/Herdecke bearbeitet werden. Unter anderem sollen die an Fusionszellen gewonnen Erkenntnisse auf Brustkrebsstammzellen übertragen werden.

(Private Universität Witten/Herdecke, 30.04.2007 – NPO)

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