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Paläontologie

Frühester Nachweis von Brutpflege bei Insekten

Wasserwanze trug schon vor 160 Millionen Jahren ihre Eier mit sich herum

Wasserwanzen
Vor 160 Millionen Jahren trugen Wasserwanzen ihren Nachwuchs an einem ihrer Beine mit sich herum – und betrieben auf diese Weise Brutpflege. © Fu et al./ Proceedings of the Royal Society B

Den Nachwuchs am Bein: Bei der urzeitlichen Wasserwanze Karataviella popovi haben Forscher den ältesten Nachweis für Brutpflege bei Insekten gefunden. Die Weibchen der Wanzenart, die vor über 160 Millionen Jahren zur Jura-Zeit lebten, klebten sich ihre Eier an ein Bein und trugen sie mit sich, bis der Nachwuchs schlüpfte. Das belegen außergewöhnlich gut erhaltene Fossilien aus Nordchina. Den Forschern zufolge gibt die Entdeckung wichtige Einblicke in die Entwicklung von Sozialität bei Insekten.

Brutpflege erhöht die Fitness und die Überlebenschancen der Nachkommen und hat sich daher im Laufe der Evolution mehrfach unabhängig voneinander entwickelt: Säugetiere, Vögel und sogar manche Insekten und Spinnen fördern und begleiten ihren Nachwuchs beim Start ins Leben. Eines der ältesten bekannten Beispiele für Brutpflege im Tierreich stammt von einem Vorfahren der Krebse, der seine Eier bereits vor mehr als 500 Millionen Jahren schützend unter dem Panzer trug.

Brutpflege vor 163,5 Millionen Jahren

Auch von verschiedenen prähistorischen und modernen Insekten ist bekannt, dass sie sich um ihren Nachwuchs kümmern. Das bisher früheste Beispiel für ein solches Verhalten der Sechsbeiner hat nun ein Team um Yanzhe Fu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Nanjing entdeckt: Bei Fossilien der Wasserwanze Karataviella popovi stellten sie fest, dass einige der fossilen Weibchen dicht gepackte Pakete aus Eiern an einem Bein trugen – ein Indiz für Brutpflege bei diesen Insekten.

Die Fossilien stammten aus der Haifanggou-Formation, einer bekannten Fossilienlagerstätte im Nordosten Chinas. Sie werden auf ein Alter von rund 163,5 Millionen Jahren geschätzt und stammen demnach aus dem Jura-Zeitalter. Sie sind damit fast 38 Millionen Jahre älter als die ältesten bisher bekannten Nachweise einer Brutpflege bei Insekten.

Angeklebt am Mittelbein

Auffällig war bei den fossilen Wasserwanzen die Platzierung der Eipakete: „Unter den 157 Fossilien von K. popovi, die wir untersucht haben, fanden wir 30 erwachsene Weibchen mit Eiern, die sie ausnahmslos am linken mittleren Bein verankert hatten“, berichten die Forscher. „Das asymmetrische Eitrage-Verhalten ist eine einzigartige Brutstrategie, die bisher bei keinem lebenden oder ausgestorbenen Insekt beobachtet wurde.“

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Bei Wasserwanzen können die Eier nur unmittelbar nach dem Legen an Oberflächen haften. „Das deutet darauf hin, dass die Weibchen zunächst eine schleimige Substanz absonderten und dann durch gezielte Biegebewegungen des Hinterleibs die Eier direkt auf ihr eigenes linkes Mittelbein legten und die Brut dann bis zum Schlüpfen trugen“, so die Forscher. Das unbesetzte rechte Mittelbein könnte dazu gedient haben, beim Schwimmen und Fressen das Gleichgewicht zu halten.

Große Eier mit Vor- und Nachteilen

Mit einem Durchmesser von bis zu 1,2 Millimeter waren die Eier im Verhältnis zur Körpergröße einer erwachsenen Wasserwanze außergewöhnlich groß – rund zehn Prozent der Körperlänge der Mutter. Die gefundenen Weibchen trugen die Eier in fünf oder sechs gestaffelten Reihen mit jeweils sechs bis sieben Eiern pro Reihe, die jeweils über einen kurzen Stiel befestigt waren.

„Große Eier bieten mehr Nährstoffreserven für die Nachkommen, was dem Überleben der Jungtiere in rauer Umgebung förderlich ist“, erklären die Forscher. Ein Nachteil dagegen ist, dass das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen geringer ist, so dass große Eier schwieriger mit ausreichend Sauerstoff versorgt werden können.

Fu und seine Kollegen vermuten daher, dass die außergewöhnliche Brutstrategie dazu gedient haben könnte, dieses Problem zu lösen: Indem das Weibchen die Eier beim Schwimmen durchs Wasser bewegte, erhöhte es die Sauerstoffverfügbarkeit. (Proceedings of the Royal Society B, 2022, doi: 10.1098/rspb.2022.0447)

Quelle: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences

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